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Regierungen, existiert nicht neben oder im Gegensatz zum Reiche;
niemand würde sagen Präsidium und Reich¹⁵a).
Es sind das dem Anscheine nach Äußerlichkeiten; aber sie
führen schließlich dahin, daß die ganze gesetzgebende Welt Deutsch=
lands wie ein eingeschüchtertes Huhn durch den Kreidestrich ge=
bändigt wird, der in den Worten liegt: „Der Reichskanzler hat
die Biersteuer von der Beratung ausgeschlossen“. In der ganzen
deutschen Verfassung und in den Verträgen, welche ihr zu grunde
liegen, befindet sich kein Satz, durch welche dem Reichskanzler eine
solche Machtvollkommenheit verliehen wird, und wir können des=
halb das Studium der Reichsverfassung allen denen nur wieder=
holt empfehlen, denen an der Erhaltung derselben liegt. Wenn
die Nation erst den Eindruck bekommt, daß der ganze große
Versuch, den wir seit dem Jahre 1848 gemacht haben, um ge=
wisse konstitutionelle Garantieen gegen obrigkeitliche Irrtümer zu
schaffen, tatsächlich mißlungen ist, daß wir Garantieen der Art
heute zwar rechtlich, aber nicht tatsächlich besitzen, so wird die
Gleichgiltigkeit gegen die Wahlen und gegen unser öffentliches
Leben größer, das Nationalgefühl aber, welches sich an unseren
gemeinsamen Institutionen belebt hat, geringer werden.“
Diese Darstellung ist vielleicht so scharf pointiert, weil in
der Zeit, als sie erfolgte (1893/94), ein bisher aktiver General das
Amt des Reichskanzlers verwaltete, der bei allen sonstigen Vor=
zügen und vortrefflichen Eigenschaften doch naturgemäß eine
verhältnismäßig nur geringe staatsrechtliche Erfahrung besaß und
daher die Kritik eines so kundigen Politikers und praktischen
Staatsrechtlers, wie Bismarck es war, besonders herausforderte.
Aber die Bismarckschen Ausführungen behalten trotz dieser
Zuspitzung auf eine bestimmte Zeitperiode mit ihren weitsichtigen
Perspektiven und mit ihrer scharfer Klarstellung der Verfassung
dauernden Wert.
¹⁵a) efr. „Hamb. Nachrichten“ vom 6. Januar 1894.