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Staatsministeriums nach zwei Seiten aufzufassen ist: einmal
nach der Verwaltung seines Ressorts, das zweite Mal nach
seiner politischen Anschauung als Mitglied des Staats=
ministeriums, nach seiner Mitverantwortlichkeit für die Gesamt=
handlungen des Staatministeriums, und ich kann dieser Auf=
fassung eine Illustration durch Erwähnung der Diskussionen
geben, die im Schoße des Ministeriums über die Frage statt=
gefunden haben, ob das landwirtschaftliche Ministerium als solches
überhaupt beizubehalten sein werde oder nicht. Es hat sich dabei
die Majorität des Staatsministeriums — und ich glaube, das
gesamte Staatsministerium — dahin ausgesprochen, daß, wenn
auch diejenigen Geschäfte, die bisher mit dem landwirtschaftlichen
Ministerium verbunden sind, einen politisch tätigen Mann nicht
überall ansreichend beschäftigen, es doch für das Gesamtministerium
von großer Wichtigkeit sei, daß Se. Majestät eine Ministerstelle
vergeben könne, die unter Umständen, auch wenn sie gar kein
Ressort hat, wenn ein Minister ohne Portefeuille wäre, durch
ihre politische Stellung, durch ihre Mitwirkung in den politischen
Fragen, das Ministerium in seinen Arbeiten unterstützen könne.
Es ist sogar bei uns der eigentümliche Fall, daß der
Präsident des Staatsministeriums, obschon ihm ein größeres
Gewicht der moralischen Verantwortlichkeit, wie jedem anderen
Mitgliede ohne Zweifel zufällt, doch keinen größeren Einfluß als
irgend einer seiner Kollegen auf die Gesamtleitung der Geschäfte
hat, wenn er ihn nicht persönlich sich erkämpft und gewinnt.
Unser Staatsrecht verleiht ihm keinen. Wenn er diesen Einfluß
gewinnen will, so ist er genötigt, ihn durch Bitten, durch Über=
reden, durch Korrespondenzen, durch Beschwerden beim Gesamt=
kollegium, kurz und gut, durch Kämpfe zu gewinnen, welche die
Leistungsfähigkeit des Einzelnen in sehr hohem Maße in Anspruch
nehmen. Was die Motive des Wechsels im Staatsministerium
betrifft, so erlaube ich mir vor allen Dingen festzustellen, daß
solche Motive im ganzen immer einfacher liegen, als das Gerücht
und die Presse gern annimmt. Wenn man sie einfach nimmt,
wie sie liegen, so fällt die Möglichkeit, darüber eben zu schreiben