Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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irgend etwas sich der Idee, die man sich von seinem Ansehen 
und seinem Einflusse macht, näherndes gewinnen, dann erfordert 
es nach der heutigen Lage einen solchen Aufwand von faux-frais 
(nutzlosen Aufwendungen) an Arbeiten und Beeinflussen und 
Überreden der übrigen Ressorts, daß derjenige, der Minister= 
präsident ist, gar nichts anderes nebenher tun kann, und immer 
nach dem Ende eines jeden Tages sich sagen muß, daß er hinter 
den Aufgaben, die er sich gestellt hat, zurückgeblieben ist. So 
gering sind die Mittel: man muß entweder die kollegiale Ver= 
antwortlichkeit rein festhalten und sich nicht daran kehren, wer 
Ministerpräsident ist, und diesem nicht das geringste an größerer 
Verantwortlichkeit, keine höhere Verantwortlichkeit zuschreiben, 
als jedem anderen Staatsminister, oder man muß diesen, wenn 
man ihn stärker als die anderen zur Verantwortung ziehen will, 
also neben dem jedesmaligen Ressortminister in erster Linie 
mit andern Mitteln ausstatten, womit ich immer nicht behaupten 
will, daß einer auf die Dauer gleichzeitig die Stellung als 
Reichskanzler und als preußischer Ministerpräsident zu seiner 
eigenen Befriedigung versehen wird.“ 
Der Fürst versicherte sodann, daß er jede Änderung des 
Ministeriums nach Kräften zu verhindern gesucht habe; er habe 
es sich zur angelegentlichen Aufgabe gemacht, den jetzigen Per= 
sonalbestand des Ministeriums zu erhalten, damit dasselbe in 
möglichster Geschlossenheit an seine weiteren wichtigen Aufgaben 
herangehe. Besonders habe er den Eintritt des Grafen von Roon 
in den Vorsitz des Staatsministerium gewünscht und betrieben. 
Er selbst habe ihn sehr lange gebeten, die jetzige arbeits= und 
mühevolle Stellung zu übernehmen. Zwischen dem alten und 
dem neuen Minister=Präsidenten bestehe volle Offenheit und 
gegenseites Vertrauen. Er sei vollständig überzeugt, daß Graf 
Roon die Weiterführung seines Amtes nimmer um den Preis eines 
politischen Bruches mit ihm erkaufen möchte. Deshalb durfte der 
Fürst die Landesvertretung seinerseits bitten, das Ministerium auch 
unter dem jetzigen Präsidium entschieden zu unterstützen; „denn 
es ist,“ wie er ausdrücklich hinzufügt, „in der Tat kein anderes.“
	        
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