Full text: Bismarcks Staatsrecht.

74 
der Verfassung erteilte Befugnis: „sich im Vorsitz des Bundes= 
rats und in der Leitung der Geschäfte durch jedes andere 
Mitglied vermöge schriftlicher Substitution vertreten zu lassen," 
unberührt, bestimmt aber, damit der notwendige Zusammenhang 
des Reichskanzlers mit dem Bundesrat auch in seinen Vertretern 
gewahrt und erkennbar bleibe, daß dieselben nur aus dem Schoße 
des Bundesrats entnommen werden dürfen. 
Die Möglichkeit ihrer Bestellung ist für alle Fälle einer 
Behinderung des Reichskanzlers, also auch ohne daß der Fall 
einer Beurlaubung eintritt, offen zu halten, und ihre Bestellung 
wird, der Verfassung entsprechend, durch kaiserliche Ernennung 
auf Antrag und unter der verantwortlichen Gegenzeichnung des 
Reichskanzlers zu erfolgen haben.“ 
Die erste Beratung des Entwurfs fand in der Sitzung des 
Reichstages vom 5. März 1878 statt. Fürst Bismarck führte 
dabei folgendes aus: 
„Ich muß sagen, wie diese Vorlage eingebracht wurde, so 
lag mir der Gedanke, daß daran sich eine Verfassungsänderung 
knüpfen könnte, zuerst ganz außerordentlich fern. 
Als der Verfassungsentwurf für den „Norddeutschen Bund“ 
zuerst zur Revision gelangte, da war der Reichskanzler durchaus 
nicht mit den bedeutenden Befugnissen ausgestattet, die ihm durch 
den einfachen Satz, der sich heute im Art. 17 der Verfassung be= 
findet, zugeschoben sind. Er ist damals durch eine Abstimmung 
in das jetzige Maß hineingewachsen, während er vorher einfach 
das war, was man in Frankfurt in bundestäglichen Zeiten einen 
Präsidialgesandten nannte, der seine Instruktionen von dem 
preußischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten zu em= 
pfangen hatte, und der neben her das Präsidium im Bundesrat 
hatte. Nun wurde durch den Art. 17 die Bedeutung des Reichs= 
kanzlers plötzlich zu der eines kontrasignierenden Ministers und 
nach der ganzen Stellung nicht mehr eines Unterstaatssekretärs 
für deutsche Angelegenheiten im auswärtigen preußischen Mini= 
sterium, wie es ursprünglich die Meinung war, sondern zu der 
eines leitenden Reichsministers heraufgeschoben. Darauf trat,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.