Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

108 Das Staatsbürgerrecht. (8. 54.) 
Über die Entbindung von Reservisten und Landwehrleuten, die im Ausland wohnen, 
von den Dienstverpflichtungen im Frieden s. S. 113. 
Die Zeit für die Ubungen der Personen des Beurlaubtenstandes ist unter möglichster 
Berülcksichtigung der Interessen der bürgerlichen Berufskreise, namentlich der Ernteverhältnisse, 
festzusetzen (G. v. 15. April 1905, Art. II, §. 4). 
III. Nach abgeleisteter Dienstpflicht im stehenden Heere, beziehungsweise in der Flotte 
erfolgt die Entlassung zur Landwehr, beziehungsweise in die Seewehr. Die Land- 
und Seewehr hat durch Gesetz v. 11. Febr. 1888 (R. G. B., S. 11) §§. 1—7, 21 eine 
Neugestaltung erfahren und durch dieses Gesetz sind die älteren Vorschriften außer Kraft 
getreten (§J. 35). Die Landwehr ist dermalen wieder, ebenso die Seewehr, in zwei 
Aufgebote eingeteilt (Art. II, §§. 1, 21). Die Verpflichtung zum Dienste in der 
Land= und in der Seewehr ersten Aufgebotes ist von fünfjähriger Dauer; der 
Eintritt in dieses erste Aufgebot der Landwehr erfolgt nach abgeleisteter 
Dienstpflicht im stehenden Heere; für die Landwehr ersten Aufgebotes gelten die 
bisherigen Vorschriften über die Landwehr. Mannschaften der Kavallerie, welche sich 
freiwillig zu einer vierjährigen aktiven Dienstzeit verpflichtet haben, dienen in der Land- 
wehr ersten Aufgebotes nur drei Jahre, ebenso die Mannschaften der Fußtruppen, der 
fahrenden Feldartillerie und des Trains, welche freiwillig, sowie die Mannschaften der 
Kavallerie und der reitenden Feldartillerie, welche gemäß ihrer Dienstpflicht drei Jahre 
aktiv gedient haben (G. v. 25. März 1899, Art. II, §. 3, G. v. 15. April 1905, Art. II, 
§. 2). Die Mannschaften der Landwehr und der Seewehr sind, sofern sie nicht zum Dienste 
einberufen werden, den Mannschaften des Beurlaubtenstandes zugehörig (G. v. 9. Nov. 
1867, §. 7, Abs. 3). Die Mannschaften der Landwehrinfanteric ersten Aufgebotes können 
während der Dienstzeit in der Landwehr ersten Aufgebotes zweimal auf 8 bis 14 Tage ¾ 
Übungen in besonderen Kompagnien oder Bataillonen einberufen werden 1 (S. 7, Abs. 4 
a. a. O., G. v. 15. April 1905, Art. II, §. 3, Abs. 1). Die Landwehrmannschaften der 
Jäger und Schützen, der Artillerie, der Vare und des Trains üben zwar in dem- 
selben Umfange wie in der Infanterie, jedoch in besonderen Formationen oder im Anschlusse 
an die betreffenden Linientruppenteile. Die Landwehrkavallerie wird im Frieden zu Übungen 
nicht einberufen (§. 7, Abs. 5 a. a. O., G. v. 15. April 1905, Art. II, §. 3, Abs. 2 u. 3). 
Nach Ablauf der Dienstzeit im ersten Aufgebot erfolgt der übertritt in die Land- 
wehr zweiten Aufgebotes, in welcher die Dienstpflicht bis zum 31. März desjenigen 
Kalenderjahres dauert, in welchem das 39. Lebensjahr vollendet wird; außerdem werden die 
Ersatzreservisten, welche geübt haben, der Landwehr zweiten Aufgebotes überwiesen, wenn 
sie ihrer Ersatzreservepflicht genügt haben; Personen, welche vor vollendetem 20. Lebensjahr 
ins Heer eingetreten sind, gehören der Landwehr zweiten Aufgebotes bis zum 31. März des 
Kalenderjahres an, in dem sie 19 Sahre dem Heere angehört haben (G. v. 11. Febr. 1888, 
Art. II, §. 3, dazu Wehrordnung, §. 12, Ziff. 6). Über den Zeitpunkt der Versetzung 
bestimmt 8. 5 a. a. O. (Wehrordnung, 8. 12, Ziff. 4); im Kriege finden Versetzungen in 
die und Entlassungen aus der Landwehr zweiten Aufgebotes nicht statt (s. S. 104, N. 3). 
Landwehrmannschaften ersten Aufgebotes, welche das 32. Lebensjahr überschritten 
haben, können zu den gesetzlichen Ubungen nur ausnahmsweise? auf Grund besonderer 
kaiserlicher Verordnung einberufen werden. Diese Beschränkung findet jedoch keine An- 
wendung auf diejenigen, welche a) infolge eigenen Verschuldens verspätet in den aktiven 
Dienst getreten sind, b) wegen Kontrollentziehung, oder infolge einer erlittenen Freiheits- 
strafe von mehr als sechswöchentlicher Dauer (§. 18 des Mil. Str. G. B.) nachdienen 
müssen, oder c) auf ihren Antrag von der zuletzt vorhergegangenen Landwehrübung 
befreit worden sind. Die Schiffahrt treibenden Mammscheten der Landwehr dürfen zu 
Übungen im Sommer nicht einberufen werden (Kontrollges. S. 4). 
  
1 Vgl. das Nähere in der Heerordnung, §. 18. des Reglements oder bei Einführung neuer Waffen 
* Die Motive zum §F. 4 des Entw. des Kon= usw. unerläßlich notwendig werden kann. (Stenogr. 
trollgesetzes v. 15. Febr. 1875 bemerken, daß eine Ber. des - 18714—75, Bd. III, Aktenst. 
solche ausnahmsweise Einberufung in einzelnen Nr. 13, S. 618). 
Fällen, z. B. bei durchgreifenden Anderungen
	        
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