Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Freiheit und Sicherheit der Person. (8. 57.) 151 
der bis zur Aufopferung des Lebens für den Staat reichenden Pflicht des Staats- 
angehörigen für den Staat, der „allgemeinen Hingebung der Persönlichkeit“, die der 
Staat von seinen Angehörigen fordern muß und fordert (Gerber, Grundz., S. 46 f.) 
und dem Recht des Staatsangehörigen auf den Schutz seines Staates im Inland wie 
im Ausland ein innerer notwendiger Zusammenhang bestehe, der nicht nur ein Haupt- 
stück der Ethik, der Geschichtschreibung und der Poesie, und damit den innersten Kern 
des Volkslebens überhaupt bilde, sondern der auch in seinen formaljuristischen Zusammen- 
hängen erkannt und systematisch zur Darstellung gebracht werden müsse. Das ist der 
große Gedanke, der auch heute noch in dem Abschnitt der Verfassung: „von den Rechten 
der Preußen“ gefunden werden muß. Die Wissenschaft hat die Aufgabe dieser auf 
richtiger prinzipieller Auffassung beruhenden Systematik bis jetzt nicht gelöst; aber eine 
große Förderung der Lehre hat Laband, Gerberschen Anregungen folgend, gegeben. 
Die Bornhaksche Kritik dagegen versperrt die richtige Gestaltung völlig, indem sie den 
Zusammenhang der Grundrechte mit der Staatsangehörigkeit leugnet. In der Tat aber 
war die Absicht bei diesen Granmreh ten tmner—seit überhanpt der Gedanke hervortrat 
und war dies insbesondere bei der preußischen Verfassung: die rechtlichen Grundlagen 
des Lebens der Staatsgenossen zu fixieren; in lapidaren Sätzen festzustellen, was der 
Staat seinem Volke schulde; was die Gegenleistung des Staates an sein Volk 
sein müsse dafür, daß dies Volk dem Staate nicht nur Gehorsam, sondern 
Treue auf Leben und Tod schuldet. 
Demgemäß handelt es sich bei den „Grundrechten“ um Rechte der Preußen, keines 
dieser Grundrechte gehört Nichtpreußen; zwar können diese Rechte als einzelne auch den 
Fremden eingeräumt werden, aber kein Nichtpreuße hat auf sie ein Recht! und die Ein- 
räumung an Fremde hat immer zur Voraussetzung, das dem Fremden jeden Augenblick alle 
diese Rechte dadurch entzogen werden können, daß er ausgewiesen wird; sie stehen also dem 
Fremden nur precario nomine zu, solange er im Staat geduldet ist. Dieser Satz ist in 
bezug auf die preußische Verfassung jetzt grundsätzlich aufgehoben zugunsten des deutschen 
Volkes durch Art. 3 der Reichsverfassung, auf Grund dessen kein Deutscher in irgend 
einem deutschen Einzelstaate als Fremder, d. i. als Ausländer, behandelt werden darf; im 
einzelnen aber bestehen auch innerhalb des Reichsverbandes noch Verschiedenheiten, insoweit 
nicht die Reichsgesetzgebung Einheit des Rechtes geschaffen hat; für das nicht vom Reich 
geregelte Rechtsgebiet gelten die besonderen Rechte der Preußen auch heute noch fort. 
Er gilt aber in vollem Umfange für alle Nichtdeutschen?, selbst wenn ihnen 
das „Wohnrecht“ durch Staatsvertrag zugesichert ist, wie den Schweizern; auch jeder 
Staatsvertrag steht unter dem großen Prinzipe, daß der Fremde im Staate 
nur geduldet ist, der Staatsgenosse aber ein Recht auf seinen Staat hat. 
Die Grundrechte sind „ein Ausfluß der Staatsangehörigkeit". Diesen 
grundsätzlich richtigen Standpunkt hat auch das Reichsgericht eingenommen und vortreff: 
lich begründet. 
8. 57. 
Freiheit und Sicherheit der Person. 
I. Allgemeines. 
1. Der Art. 5 der Verfassungsurkunde gewährleistet allen Preußen die „persön- 
liche Freiheit“. Der hierdurch zugesicherte Schutz der Person bezieht sich sowohl auf 
  
— 
1 Laband, 4. Aufl., Bd. I, S. 130, 110, Widerspruche mit seinem Inhalte. Kein einziges 
über die Stellung der Fremden im Staate. Grundrecht steht den Staatsangehörigen als solchen 
: Richtig Arndt, Komm. z. preuß. Verf. Urk., zu, Inländer wie Fremde sind dieser sogenannten 
5. Aufl., S. 67. Rechte in gleicher Weise teilhaftig.“ 
. Entgegenges. Ans. Bornhak, Pr. St. N., " R. G. Entsch. i. Strafs., Bd. XIII, S. 
Bd. I. S. 276 f. „Die überschrift des zweiten 207. 
Titels der Verf. Urk. steht also im vollnändigen ? Vgl. C. Döhl, Die versönliche Freiheit der
	        
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