Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Freiheit und Sicherheit des Eigentums. (§. ö8.) 247 
nähere Ausführung erhalten hat, daß fortan bei erblicher überlassung eines Grundstückes 
nur die Ubertragung desselben zum vollen Eigentume!1 zulässig sein solle, war es nur 
eine Konsequenz dieses Prinzips, wenn die Verfassungsurkunde auch das Fortbestehen 
irgend welcher Arten des geteilten Eigentums, mithin insbesondere der Lehne und Familien- 
fideikommisse, für unstatthaft erklärte. Zwar hatte schon Friedrich Wilhelm I. durch Edikt 
v. 5. Jan. 1717 die Beseitigung des ganzen Lehnsverbandes gegen jährliche Geldzahlung 
angeordnet; das Edikt hatte aber nur in geringem Umfange zur Durchführung gebracht 
werden können. Deshalb bestimmte die Verfassungsurkunde in den Art. 40 und 41: 
a) daß die Errichtung von Lehnen und die Stiftung von Familienfideikommissen 
untersagt sein, die bestehenden Lehne und Familienfideikommisse aber durch gesetzliche An- 
ordnungen in freies Eigentum umgestaltet werden, welche Bestimmungen aber auf Familien- 
stiftungen keine Anwendung finden sollten; b) daß diese Bestimmungen indes auf die 
Thronlehne, das königliche Haus= und prinzliche Fideikommiß, sowie auf die außerhalb 
des Staates belegenen Lehne und die ehemals reichsunmittelbaren Besitzungen und Fidei- 
kommisse, insofern letztere durch das deutsche Bundesrecht gewährleistet sind, zurzeit keine 
Anwendung finden, sondern deren Rechtsverhältnisse durch besondere Gesetze geordnet 
werden sollten. — Allein die Art. 40 und 41 der Verfassungsurkunde sind durch das 
Verfassungsabänderungsgesetz v. 5. Juni 1852 3 aufgehoben und an deren Stelle folgende 
Bestimmungen gesetzt worden: a) die Errichtung von Lehnen ist untersagt; der in bezug 
auf die vorhandenen Lehne noch bestehende Lehnsverband soll durch gesetzliche Anordnungen 
aufgelöst werden (Art. 2 des G. v. 5. Juni 1852); b) diese Bestimmungen finden 
  
1 Das A. L. R. unterscheidet bekanntlich, je lienfideikommiß, sowie auf die außerhalb des 
nachdem das eine oder das andere der im Eigen= Staates belegenen Lehne und die standesherrlichen 
tum enthaltenen Rechte in verschiedenen Händen Lehne und Fideikommisse, insofern letztere durch 
ist, verschiedene Arten des Eigentumg. Das volle das deutsche Bundesrecht gewährleistet sind, zur- 
Eigentum (dominium plenum) ist dann vor= zeit keine Anwendung. Die Rechtsverhältnisse 
handen, wenn alle in dem Eigentume begriffenen derselben sollen durch besondere Gesetze geordnet 
Rechte (das Recht, die Sache zu besitzen, zu ge= werden (Art. 36). Vgl. Rauer, Protokolle der 
brauchen und sich derselben zu begeben), in einer Verfassungskommission der Nationalversammlung, 
Hand vereinigt sind (A. L. R., Teil I, Tit. 8, §. 9öy. S. 23, 24, 26—29, 30—32, 105, 111, 126— 
Sind die in dem Eigentume begriffenen ver- 127. — Die oktroyierte Verf. Urk. v. 5. Dez. 1848 
schiedenen Rechte in den Händen verschiedener nahm die Art. 34 und 35 in folgender veränderter 
Personen, so ist dasselbe ein geteiltes; wer nur Fassung: „Die Errichtung von Lehnen und die 
Eigentum der Sache ohne Nutzungsrecht hat, heißt Stiftung von Familienfideikommissen ist unter- 
Eigner (Obereigentümer, dominus directus), sagt. Die bestehenden Lehne und Familienfdei- 
und wer das Nutzungsrecht und zugleich einen kommisse sollen durch gesetzliche Anordnung in 
Teil an dem Eigentum selbst hat, dem wird ein freies Eigentum umgestaltet werden“ — als Art. 38, 
nutzbares Eigentum an der Sache beigelegt (§§. 16, den Art. 36 aber im wesentlichen unverändert 
19. 20 a. a. O., und Teil 1I, Tit. 18, 55. 1 ff). Ein= als Art. 39 auf. — Dabei hatte es auch bei der 
geschränkt heißt das Eigentum, wenn dem Eigen= Revision der oktroyierten Verf. Urk. sein Bewen- 
tümer zwar keines der darunter begriffenen Rechte den, und die gedachten Art. 38 und 39 der oktroyier- 
abgeht, wohl aber gewisse Arten der Ausübung ten Verf. Urk. gingen in die Art. 40 u. 41 der 
eines oder des anderen derselben versagt sind Verf. Urk. v. 31. Jan. 1850 nur mit der Modi- 
(§. 1 a. a. O.). fikation über, daß dem ersteren die Worte zuge- 
* Der von der Staatsregierung vorgelegte Ver= fügt wurden: „Auf Familienstiftungen finden 
fassungsentwurf v. 20. Mai 1848 enthielt gar diese Bestimmungen keine Anwendung"“ (vgl. das 
keine Bestimmung wegen der Lehne und Fidei-- Nähere hierüber in v. Rönnes Bearbeitung der 
kommisse. Dagegen nahm der Entwurf der Ver= Verf. Urk., S. 85—90). 
fassungskommission der Nationalversammlung (in 2 G. S. 1852, S. 319. 
den Art. 31—36) darüber folgende Bestimmungen 4 Während also der Art. 40 der Verf. Urk. 
auf: à) Die Errichtung von Lehnen und Stiftung kategorisch vorschrieb, daß die bestehenden Lehne 
von Familienfideikommissen ist untersagt. Die be= durch gesetzliche Anordnungen in freies Eigen- 
stehenden Lehne und Familienfideikommisse werden tum umgestaltet werden sollen, bezeichnet der 
ohne Entschädigung der Erbfolgeberechtigten freies Art. 2 des G. v. ö. Juni 1852 es nur als die 
Eigentum in der Hand dessenigen, welchem am verfassungsmäßig firierte Aufgabe der Gesetz- 
Tage der Verkündigung der Verfassung das Lehn gebung, den noch bestehenden Lehnsverband auf- 
oder Fideikommiß angefallen war (Art. 34). b) zulösen, ohne aber, wie es im Art. 40 der Verf. 
Die Aufhebung der Lehnsherrlichkeit erfolgt ohne Urk. geschehen, die Verwandlung der Lehne in 
Entschädigung (Art. 35). c Vorstehende Bestim= böllig freies Eigentum als notwendigee Refultat 
mungen tad a und p) finden auf die Thron= dieser Gesengebung hinzustellen. Die Motive des 
lehne, das königliche Haus= und prinzliche FKami= Antrages des Abgeordneten Geppert, dessen 
  
 
	        
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