Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

252 Das Staatsbürgerrecht. (8. 59.) 
rung der Ausübung dieses Rechtes ausschließt und demselben nur insofern eine Schranke 
zieht, daß dadurch Rechte anderer Personen nicht verletzt und die gegen den Mißbrauch 
des Rechtes erlassenen Gesetze nicht übertreten werden dürfen. 
Insbesondere stellt aber der Art. 27 den Fundamentalgrundsatz fest, „daß die Zensur 
nicht eingeführt werden darf, und jede andere Beschränkung der Preßfreiheit nur im Wege 
der Gesetzgebung“.“ Auf Ausländer beziehen sich die ein staatsbürgerliches Grundrecht 
gewährleistenden Vorschriften der Verfassung, Art. 27, grundsätzlich nicht, wie schon der 
Wortlaut: „jeder Preuße“ — gemäß R. Verf., Art. 3: jeder Deutsche — ergibt 3. Das 
Reichspreßgesetz, bezw. die Reichsgewerbeordnung in den hier einschlagenden Vorschriften 
machen allerdings keinen Unterschied zwischen Reichsangehörigen und Fremden. Jeden- 
falls aber ist letzteren die Preßfreiheit nicht „gewährleistet“ und könnten somit für sie 
einschränkende Vorschriften jederzeit erlassen werden (s. oben S. 150f.). 
Etwas völlig anderes als die Preßzensur ist jedoch die Theaterzensur; letztere 
besteht auch gegenüber Art. 27 der Verf. Urk. in vollem Umfang zu Recht, soweit sie 
durch anderweite Rechtsvorschriften, insbesondere für Berlin durch die Polizeiverordnung 
v. 10. Juli 1851, begründet ist.“ 
II. Mit der Erfindung der Buchdruckerkunst trat das Bedürfnis ein, die Verhält= 
nisse der Presse rechtlich zu regeln. Die Einführung der Zenfur ist die Erfindung des 
Papstes Alexanders VI., welcher bei Strafe des Bannes befahl, daß alle Bücher der 
Zensur der Bischöfe unterworfen sein sollten, welche Bestimmung auch für Deutschland 
als verbindliches Kirchengesetz gelten sollte. In Deutschland führte zuerst Kurfürst 
Bernhard von Mainz im Jahre 1486 in seiner Diözese die Zensur ein." Die deutschen 
Reichsgesetze nahmen das System der Zensur seit dem Beginne der Religionsstreitigkeiten 
im sechzehnten Jahrhundert an?; die Landesgesetze aber mußten, zufolge der reichs- 
gesetzlichen Bestimmungen?, die Zensur zur Grundlage nehmen.¾ Mit der Auflösung 
des Deutschen Reiches fiel dann die Verbindlichkeit der reichsgesetzlichen Zensurgesetze 
  
1 Dies Recht an sich ist auch vor Erlaß der] Zöpfl, Grundgeses des gem. d. St. 
Verf. Urk. nicht bestritten, jedoch durch die Aus= 5. Aufl., Bo. II, 627 ff.; Klüber, 
übung der Zenfur erheblich eingeschränkt worden. R. des d. B., S. *7* ff., und insbesondere 
Grundsätzlich gestattete auch das Zensuredikt vom L. Hoffmann, Zenfur und Preßfreiheit, histo- 
18. Okt. 1819, §. II (G. S. 1819, S. 224) risch-philosophisch bearbeitet, 2 Teile, Berlin 1819). 
die Meinungsäußerung, allein in sehr beschränktemisVugl. den Art.: „Zensur der Druckschriften“ (von 
Maße: „Die Zensur wird keine ernsthafte und Welcker) in v. Rotteck u. Welcker, Staatslexikon, 
bescheidene Untersuchung der Wahrheit hindern, 3. Aufl., Bd. III. S. 392 ff., und den Art.: 
noch den Schriftstellern ungebührlichen Zwang „Presse“ (von Biedermann) a. a. O., Bo. VI, 
auferlegen, noch den freien Verkehr des Buch= S. 708 ff. Vgl. zu Art. 27 und 28 auch 
handels hemmen"“. Dann folgt aber die Be- Schwart, Verf. Urk., S. 107 f. 
zeichnung der Zwecke der Zenfur, wodurch dann * A. A. Schwartz, Verf. Urk., S. 107. 
der Presse die engsten Grenzen gezogen wurden. . Dies ist ausführlich vegründet im Eussch. 
* Zur Verhütung des Mibbrauches der Presse d. O. V. G., Bd. XXIV, S. 312 ff. S. Opet, 
bedarf es eines Preßgesetzes. Dieses kann ent= Die Grenzen der Thcaterzensur, Deutsche Juristen- 
weder auf dem Prinziv der Preßfreiheit, oder auf zeitung 1901, S. 13 fl. Vgl. jetzt noch Klee- 
dem der Zensur beruhen, oder es können auch feld, Die Theaterzensur in Preußen 1905 und 
beide Grundsätze mit einander vereinigt die Grund- bierzu Schultzenstein im Verw. Arch. Bd. XIIl, 
lage bilden. Die sog. Zenfur findet statt, venn S. 565 ff. 
keine Schrift gedruckt werden darf, als mit Vor- 5 
wissen und vorgängiger Genehmigung der für Bd. po we onn, GErschisse der mrndung 
diesen Zweck bestimmten Behörde: dagegen besteht Schmähschriften, S 166“ Sachse, Die An- 
das Charakteristische der Prenfreiheit darin, daß der fänge der Bücherzenfur (18701. 5 
Staat keine Präventivmaßregeln gegen Preser= „ Reichsabschied v. 1529, §. 9, v. 1530, 
zeugnisse ausübt, sondern aufs die Verhinderung 
des Druckes der einzelnen Schriften verzichtet, n nerta urr 
auch die Verbreitung derselben nicht von einer . 1 Wahtkapitul. Arl. IH. 6 fl.: Berg 
* . . 9 * . - X K. 1. „ v. " 
vorgängigen Genehmigung abhängig macht, son Prlkeirermm W , Gerplacher, Hand- 
dern nur den Verfasser, Verleger oder Drucker N# "5d .-. 
der Schrift, oder deren Verbreiter insoweit für buch der Neichegesete, Teil XI, S. 1188 f. 
  
  
verantwortlich vor dem Richter erklärt, als sie sich V Reichspolizeiordnung v. 1577, Tit. 35, F. 4 
einer gesetwidrigen Handlung eeines Preßver= v. Berg, a. u. O., S. 356 ff. 
gehens schuldig gemacht haben (vgl. Zachariä, #s Vgl. Zachariä, D. St. u. B. R., 3. Auft.. 
D. St. u. B. R., 3. Aufl., Bd. II, S. 304 ffl.:| Bd. II, S. 306.
	        
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