Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Gesetzlich bevorzugte Staatsbürger. (F. 51.) 21 
königlichen Zweiges des hohenzollernschen Stammes, welches durch die Verfassungs- 
urkunde und besonders deren Art. 4 unberührt geblieben ist. Zwar sind in der Ver- 
fassungsurkunde selbst die Hausgesetze als Rechtsquelle nur bezüglich der Thronfolge 
— Art. 53 — ausdrücklich erwähnt. Aber für das Gesamtgebiet des bürgerlichen 
Rechtes sind die Hausgesetze als autonome Rechtsquelle durch Art. 57 d. Einf. G. z. 
Bürg. G. B. anerkannt und für alle übrigen Zweige des Rechtes muß gleichfalls 
dieser autonome Rechtscharakter der Hausgesetze anerkannt werden, wie dies ja über- 
haupt für die Autonomie des gesamten hohen Adels in Theorie und Praxis feststeht.? 
Die Hauegesetze gelten demgemäß als autonome Satzungen für das Königliche Haus fort, 
soweit nicht eine ausdrückliche Aufhebung oder Abänderung ihrer Bestimmungen erfolgt ist; 
sie haben ferner als leges speciales den Vorrang vor allgemeinen Gesetzen. Die Haus- 
gesetze bilden somit einen selbständigen Bestandteil der — privaten und öffentlichen — 
Rechtsordnung, deren Abänderung nur durch Familienschluß, insoweit Hausgesetze zugleich 
Verfassungsgesetze sind, durch Hausschlußs und Verfassungsgesetz erfolgen kann." 
3. Die Mitglieder der landesherrlichen Häuser galten nach dem alten Reichsrecht 
als reichsunmittelbar und nur dem Kaiser untertan; für Preußen bestand jedoch nie ein 
Zweifel, daß die Mitglieder des Königlichen Hauses Untertanen des Königs sind.? Im 
übrigen bilden die landesherrlichen Häuser einen — noch besonders bevorzugten — Be- 
standteil des hohen Adels, mit dem sie durch das Prinzip der Ebenbürtigkeit ver- 
bunden sind.? 
Über die Titulaturen s. Bd. I, S. 209. 
4. Zum Königlichen Hause gehören? alle unter der Familiengewalt des Königs 
stehenden Personen, nämlich a) die Königin; b) die Königlichen Witwen; c) der König, 
der die Krone niedergelegt hat; 
d) alle Prinzen und Prinzessinnen, 
die vom ersten Er- 
  
fürstenrecht darstellte“ s. Rehm, Fürstenrecht, 
136 f.; Schulze in Holtzendorffs Enzyklop., 
1352 ff. 
1 S. By. I. S. 218. 
* Die Ansicht, daß durch das A. L. R. dem 
deutschen Privatfürstenrechte, d. h. dem In- 
begriffe von Rechtsnormen, welche die Fürsten in 
ihren Familienangelegenheiten untereinander ver- 
binden, nicht derogiert werde, da es dem ge- 
meinen Rechte als ein Singularrecht vorgehe, ist 
ausführlich entwickelt in dem Reskr. des Justizmin. 
Mühler v. 12. Jan. 1836 (v. Kamptz, Jahrb., 
Bd. XIVII, S. 295). Für das bürgerliche 
Recht ist die Frage heute positiv entschieden. Im 
übrigen bildet sie einen besonders in neuester 
Zeit lebhaft umstrittenen Punkt, s. dazu Rehm, 
Fürstenrecht, S. 1 ff.; die eigene Ansicht Rehms, 
die mit den Ausführungen des Textes überein- 
stimmt, S. 7, bes. dann S. 64 ff. 
„ Über die Hausgesetzgebung s. jetzt besonders 
Rehm, Fürstenrecht, S. 103 ff., 362 ff., Rehm 
vertritt die Notwendigkeit der Zustimmung sämt- 
licher Agnaten, ohne Vorrecht des Familienhauptes: 
entgegengesetzt für die ausschließliche Sbungse- 
gewalt des Familienhauptes Gierke, D. Priv. 
N., I. S. 155. 
x A. A. die Mehrzahl der Schriftsteller, bes. 
Bornhak, I, S. 349; G. Meyer, St. R., 
5. Aufl., S. 233; Anschütz in Holtendorff-Kohler 
Enzyklop., 6. Aufl., II. S. 566, 571; Binding, 
Leipz. Dek. Progr. 1900, S. 34 ff., u. andere; 
dagegen bes. Rehm, Fürstenrecht, §. 2 u. die dort 
zit. Literatur. 
5 Bornhak, Pr. St. R., I, S. 348, N. 2, 
Uber die Gemeindeangehörigkeit Schön, Recht 
G; G 
  
der Kommunalverbände, S. 84, N. 6. Dazu 
jetzt Stier-Somlo, Derverwaltungsrechtl. Schutz 
des Bürgerrechts (1904), S. 33. 
* Bornhak, I, S. 350; ferner Bd. I, S 
220; ferner, auch zur Ergänzung der Note 1 
daselbst, die bereits erwähnten Schriften von 
Störk, Die agnatische Thronfolge im Fürsten- 
tum Lippe, Der Austritt aus dem landesherr- 
lichen Hause beide 1903); Kohler, Rechtliche Er- 
örterungen zur lippeschen Thronfolgefrage, Archiv 
f. öff. R., Bd. 18, S. 434 ff.; Triepel, Der 
Streit um die Thronfolge im Fürstentum Lippe, 
(1903); Bornhak, Zur lippeschen Thronfolge- 
frage, Annalen d. D. Reichs (1904), S. 56 ff.; 
Anschütz, Der Fall Friesenhausen (1904) 
Schoen, Das kaiserliche Standeserhöhungsrecht 
und der Fall Friesenhausen (1905); Rehm, 
Fürstenrecht, S. 151 ff. 
*' Rehm, Das landesherrliche Haus (1901) 1 
jetzt Fürstenrecht, S. 96 ff. unterscheidet einen 
engeren und einen weiteren Begriff des landesh. 
Hauses; der letztere umfasse alle vom ersten Er- 
werber der Landeshoheit, der erstere nur die unter 
der Familiengewalt des Landesherrn stehenden 
Mitglieder. Die Unterscheidung erscheint unbe- 
gründet, wie denn auch die Gesetzgebung sie nicht 
kenm (s. auch die kritischen Ausführungen gegen 
Rehm von Stier-Somlo im Jur. Lit. Bl. 1902, 
S. 257 ff.); jene beiden Momente müssen zu- 
sammentreffen, um die Zugehörigkeit zum landesh. 
Hause zu begründen; Ubernahme einer fremden 
Krone, sowie Heirat eines fremden Prinzen be- 
endigtrechtlich die Zugehörigkeit zu einem landesh. 
Hause durch Eintritt in ein anderes, bezw. Grün- 
dung eines solchen, wodurch nicht ausgeschlossen
	        
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