302 Die Staatsbehörden.
(S. 62.)
seiner Verwaltungsgesetzgebung betreten, welcher geeignet war, ihn in allmählicher und
ruhiger Entwicklung jenem Ziele zuzuführen. Zwar blieb die Stein-Hardenbergsche Ge-
setzgebung Stückwerk und auch in den folgenden Jahrzehnten wurde an diesem Probleme
nur mit Stückwerk fortgearbeitet. Die Bewegungen des Jahres 1848 und die Ber-
fassungsurkunde selbst waren zunächst nur geeignet, durch unerfüllbare Forderungen und
durch Doktrinarismus die Ausgestaltung des Verwaltungsrechtes in dem vorhin bezeichneten
Sinne zu hemmen und zu hindern. Erst mit der Kreisordnung von 1872 lenkte Preußen
wieder in die richtigen Bahnen ein und durch die seitdem durchgeführten Reformen darf
das Ziel als in der Hauptsache erreicht angesehen werden.
Erstes Kapitel.
Die Einteilung des Preußischen Staates.
8. 62.
1. Die Provinzen.“
Das preußische Staatsgebiet, aus den verschiedenartigsten, ursprünglich zum Teil
selbständigen Landesgebieten allmählich herangewachsen 2, bildet in bezug auf seine Ver-
fassung ein einheitliches und unteilbares Ganze." In administrativer Beziehung dagegen
zerfällt dasselbe in Provinzen, Bezirke, Kreise und Gemeinden.“
Und ungleich mehr noch als von v. Vincke gilt dies
Urteil von dem großen Meister der damaligen
Gesetzgebung, von Stein selbst, s. Bd. I, S. 38 ff.
und die dort zitierte Literatux.
1 Vgl. G. v. Viebahn, Über die Umbildung
der Provinzialbehörden und die Einteilung Preußens
(in Dietericis Mitteilungen des statistischen
Bureaus in Berlin, Bd. I, Nr. 8—10, S. 113
—148).
: Durch Allerhöchsten Erlaß v. 4. Sept. 1869
(M. Bl. d. i. Verw., S. 233) ist bestimmt worden,
daß bei amtlichen Veröffentlichungen die Pro-
vinzen und sonstigen Bestandteile der Monarchie
in folgender Reihenfolge aufzuführen sind:
1. Preußen, 2. Brandenburg, 3. Pommern,
4. Posen, 5. Schlesien, 6. Sachsen, 7. Schles-
wig-Holstein, 8. Hannover, 9. Westfalen, 10. Hessen-
Nassau, 11. Rheinprovinz, 12. Hohenzollernsche
Lande und 13. Jadegebiet. Dies hat eine Ab-
änderung erfahren, indem durch G. v. 19. März
1877 (G. S., S. 107) die Provinz Preußen in
die beiden Provinzen Ost= und Westpreußen zer-
legt und das Jadegebiet der Provinz Hannover
einverleibt wurde, G. v. 23. März 1873, G. S.,
S. 107, §. 1: der Provinz Schleswig-Holstein
ist noch Helgoland angefügt worden, §. 3 des G.
v. 18. Febr. 1891 (G. S., S. 11)0. Die Stadt
Berlin bildet seit 1880 einen selbständigen Ver-
waltungsbezirk (s. unten S. 318, N. 30. Auch der
Regierungebezirk Sigmaringen steht außerhalb der
Provinzialeinteilung. Das Staatshandbuch führt
die Provinzen in folgender Ordnung auf: Ost-
prcußen, Westpreusten, Brandenburg, Pommern,
Posen, Schlesien, Sachsen, Schleswig-Holstein,
Hannover, Westfalen, Hessen-Nassau, Nheinland.
* Vgl. Bd. 1, S. 72 ff.
* Vgl. Bd. I, S. 191 ff.
5 Die Verfassungsurkunde in ihrer gegen-
wärtigen Gestalt enthält keine Bestimmung hier-
über; wohl aber findet sich eine solche in den
früheren Entwürfen. Der Art. 102 des Ver-
fassungsentwurfs der Nationalversammlung ent-
hielt den Satz: „Das Gebict des Preußischen
Staates wird in Bezirke, Kreise und Gemeinden
eingeteilt, deren Grenzen, Einrichtung und Ber-
waltungsform durch besondere Gesetze näher be-
stimmt werden.“ Diesen Satz hatte auch der
Art. 104 der oktroyierten Berfassungsurkunde
v. 5. Dez. 1848, jedoch in folgender Fassung auf-
genommen: „Das Gebiet des Preußischen Staatrs
zerfällt in Provinzen, Bezirke, Kreise und Ge-
meinden, deren Vertretung und Verwaltung durch
besondere Gesetze näher bestimmt wird.“ Die
Verfassungskommission der Nationalversammlung
hatte die Provinzialeinteilung, deren der Art. 104
der oktroyierten Verfassungsurkunde als fortbe-
stehend erwähnt, aufheben wollen, und dies kam
auch bei der Revision der Berfassungsurkunde
wieder zur Sprache, wurde indes abgelehnt, „weil
dieser Verband mehr wie irgend ein anderer ein
eigentümliches Leben bewährt habe“ und „weil
von den meisten Provinzen das Historische nicht
weggewischt werden könne, auch das den Provinzen
wirklich Gemeinschaftliche nicht zu beseitigen sei,
da sie bereits als Korporationen beständen und
eigenes Vermögen, eigene Anstalten und besondere
Verpflichtungen besäßen. Von der anderen Seite
wurde dagegen behauptet, „daß die Provinzialein-
teilung überflüssig, sogar schädlich sei, indem hier
nach Abstammung und Geschichte verschiedene
Landesteile ohne eine eigentliche Gemeinschaftlichteit
zu einem allen Teilen nur lästigen gemeinsamen