Die Gemeinden. (8. 65.) 337
eine Landgemeinde oder dessen Zuschlagung zu einer oder mehreren Landgemeinden not-
wendig macht;
Jc) wenn infolge örtlich verbundener Lage mehrerer Landgemeinden oder von Guts-
bezirken oder Teilen derselben mit Landgemeinden ein erheblicher Widerstreit der kommu-
nalen Interessen entstanden ist, dessen Ausgleichung auch durch Bildung von Verbänden
im Sinne der 8§§. 128 ff. nicht zu erreichen ist.
2. Dagegen bestimmt die Städteordnung v. 15. Mai 1856 für die Rheinprovinz
(§. 2), „daß alle innerhalb der Grenzen des Stadtbezirkes gelegenen Grundstücke zum
städtischen Gemeindebezirke gehören“. Veränderungen der Stadtbezirke können in der
Rheinprovinz nur mit königlicher Genehmigung erfolgen, von Stadtkreisen überall nur
durch Gesetz.?
3. Was die Landgemeinden in den östlichen Provinzen betrifft, so hatte das Gesetz
v. 14. April 1856 "" (§. 1) verordnet, „daß den Bezirk einer ländlichen Gemeinde oder
eines selbständigen Gutes alle diejenigen Grundstücke bilden, welche demselben bisher an-
gehört haben“, und „daß jedes Grundstück, welches bisher noch keinem Gemeinde= oder
selbständigen Gutsbezirke angehört hat, nach Vernehmung der Beteiligten und nach An-
hörung des Kreistages durch den Oberpräsidenten mit einem solchen Bezirke vereinigt
werden soll", wenn es sich aber nach seinem Umfange und seiner Leistungsfähigkeit zu
einem besonderen Gemeinde= oder selbständigen Gutsbezirke" eignet, mit Genehmigung des
Königs dazu erklärt werden kann“. Zugleich ist noch vorgeschrieben, „daß die Ver-
einigung eines ländlichen Gemeindebezirkes oder eines selbständigen Gutsbezirkes mit einem
anderen Bezirke nur unter Zustimmung der beteiligten Gemeinden und des beteiligten
Gutsbesitzers, nach Anhörung des Kreistages, mit Genehmigung des Königs erfolgen
kann“. Diese Bestimmungen sind jedoch durch den §. 40, Ziff. 1 des Gesetzes v.
26. Juli 1876, betreffend die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden usw.#, dahin ab-
geändert worden, daß der Kreisausschuß über die Vereinigung eines Grundstückes, welches
bisher noch keinem Gemeinde= oder selbständigen Gutsbezirke angehört hat, mit einem
solchen Bezirke nach Vernehmung der Beteiligten beschließt", gegen welchen Beschluß den
Beteiligten die Beschwerde an den Bezirksausschuß zusteht. An Stelle dieser Vorschriften
find jetzt die nachfolgenden Vorschriften der Landgemeindeordnung v. 3. Juli 1891
getreten:
Die zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes vorhandenen Landgemeinden und
Gutsbezirke bleiben in ihrer bisherigen Begrenzung unter den nachfolgenden Maßgaben
bestehen:
a) Grundstücke, welche noch keinem Gemeinde= oder Gutsbezirke angehören, sind,
sofern nicht ihre Eingemeindung in einen Stadtbezirk geeignet erscheint, nach Vernehmung
1 G. S. 1856, S. 406.
Die Verhältnisse der vormals unmittelbaren
deutschen Reichsstände und derjenigen Besitzer von
Standesherrlichkeiten, welchen gleichartige Befug-
nisse besonders verliehen sind, wurden (§. 94)
besonderer Regulierung vorbehalten.
2 S. z. B. G. v. 10. April 1901 (G. S.,
S. 111) über Erweiterung des Stadtkreises Krefeld
durch Eingemeindung der Gemeinde Linn.
4 G. S. 1856, S. 359.
ber den Begriff der „Beteiligten“ vgl. das
in der Note 3, S. 336 angezogene Reskr. des M.
d. Inn. v. 20. Sept. 1859.
*Hier ist also die Vereinigung unbedingt vor-
geschrieben. Ein Zirk. Reskr. des M. d. Inn. v.
21. Okt. 1876 (M. Bl. d. i. Verw., S. 261) hat
die Oberpräsid. der Provinzen Preußen, Bran-
denburg, Pommern und Posen angewiesen, die
Regelung der noch gemeindefreien Grundstücke
nach §. 1 des G. v. 14. April 1856 (und nach
v. Rönne-Zorn, Preuß. Staatsrecht.
5. Aufl. II.
#§. 40 des Kompetenzgesetzes v. 26. Juli 1876,
bezw. §. 2, Abs. 2 der Städteordnung v. 30. Mai
1853) unverzüglich herbeizuführen.
ber die leitenden Grundsätze bei der Bil-
dung „„selbständiger Gutsbezirke“ vgl. die Restkr.
des M. d. Inn. v. 26. Okt. 1859 (M. Bl. d. i.
Verw. 1860, S. 113), v. 31. März 1860 (a. a. O.,
S. 73), v. 9. Mai 1860 (a. a. On S. 114) und
v. 25. Sept. 1860 #a. a. O., S. 223).
* G. S. 1876, S. 306. — Diese Bestimmung
ist an die Stele des 8. 135, IX, Nr. 1 der
Kreisordnung v. 13. Dez. 1872 getreten.
° Der zweite Satz des F. 40, Ziffer 1 des
Zuständigkeitsgesetzes bestimmte außerdem noch,
daß die Vereinigung eines solchen Grundstückes
mit einem in einem anderen Rreise belegenen
(Gemeinde= oder Gutsbezirke die Veränderung der
Kreisgrenze ohne weiteres nach sich zieht. —
Vgl. §. 3, Abs. 4 der Kreisordnung v. 13. Dez.
1872.
*
22