Die besonderen Zivilgerichte. (8. 105.) 711
der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt sind (§. 10, Abs. 1). Die Personen dieser
fünf Kategorien sind auch nicht wahlberechtigt (§. 13, Abs. 2). Außerdem soll zum Mit-
glied nur berufen werden, wer das 30. Lebensjahr vollendet und im letzten Jahre vor
der Wahl nicht Armemmterstützung für sich oder seine Familie empfangen hat, zum Bei-
sitzer nur, wer im Gerichtsbezirke seit mindestens zwei Jahren seine Handelsniederlassung
hat oder beschüftit ist (§. 10, Abs. 2 und 3).
Im übrigen kommen für die Wahlen die Vorschriften des Gewerbegerichtsgesetzes
zur Anwendung (§. 15).
3. Zuständig sind die Kaufmannsgerichte mmter der oben zu 1 bezeichneten
allgemeinen Voraussetzung für folgende Arten von Streitigkeiten (§F. 5):
a) über den Antritt, die Fortsetzung oder die Auflösung des Dienst= oder Lehr-
verhältnisses sowie die Aushändigung oder den Inhalt des Zeugnisses;
b) über die Leistungen aus dem Dienst= oder Lehrverhältnisse;
JP) über die Rückgabe von Sicherheiten, Zeugnissen, Legitimationspapieren oder anderen
Gegenständen, welche aus Anlaß des Dienst= oder Lehrverhältnisses übergeben worden sind;
d) über die Ansprüche auf Schadenersatz oder Zahlung einer Vertragsstrafe wegen
Nichterfüllung oder nicht gehöriger Erfüllung der Verpflichtungen, welche die unter
a bis c bezeichneten Gegenstände betreffen, sowie wegen gesetzwidriger oder unrichtiger
Eintragungen in Zeugnisse, Krankenkassenbücher oder Quittungskarten der Invaliden=
versicherung;
e) über die Berechnung und Anrechnung der von den Handlungsgehilfen oder Hand-
lungslehrlingen zu leistenden Krankenversicherungsbeitrüge und Eintrittsgelder (§§. 53a,
65 des Krankenversicherungsgesetzes);
füber die Ansprüche aus einer Vereinbarung, durch welche der Handlungsgehilfe
oder Handlungslehrling für die Zeit nach Beendigung des Dienst= oder behrverhältnisses
in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt wird.
Die Zuständigkeit von Kaufmannzsgerichten schließt die Zuständigkeit der ordentlichen
Gerichte aus; Vereinbarungen, durch welche die gesetzliche Zuständigkeit der Kaufmanns-
gerichte ausgeschlossen werden soll, sind nichtig (§. 6). Die Entscheidung, durch welche
ein ordentliches Gericht ein Kaufmannsgericht für zuständig erklärt hat, ist für dieses
bindend (§. 16, Abs. 2); ebenso die Entscheidungen der Kaufmanns-, beziehungsweise Ge-
werbegerichte über die eigene Nichtzuständigkeit zugunsten der anderen Art von Gericht
(ebenda, Abs. 3).
4. Die Kosten der Kaufmannsgerichte tragen die Gemeinden, insoweit sie nicht
durch Gebühren, Kosten oder Strafen gedeckt werden (§. 8).
5. Auf das Verfahren finden die Vorschriften des Gewerbegerichtsgesetzes, 8§. 26—61
Anwendung, nur ist die Berufungssumme auf 300 Mark erhöht (§S. 16, Abs. 1).
6. Das Kaufmannzsgericht kann in gleicher Weise und nach Maßgabe der gleichen
Vorschriften wie das Gewerbegericht als Einigungsamt in Anspruch genommen werden
(6. 17).
7. Ebenso gelten für Gutachten und Anträge die gleichen Vorschriften für Kauf-
manns= wie für Gewerbegerichte (§. 18).
8. Vorläufige Entscheidungen der Gemeindevorsteher sind für das Zuständigkeits-
gebiet der Kaufmannsgerichte ebenso zulässig wie für das der Gewerbegerichte (§. 19).
F. Der Geheime Justizrat.
Die Mitglieder der königlichen Familie, sowie der fürstlichen Familie Hohenzollern
haben ihren persönlichen Gerichtsstand in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, und zwar reichs-
gesetzlich für das ganze der Reichsgesetzgebung unterworfene Gebiet ! bei dem bereits seit
dem Jahre 1604 bestehenden, seit dem Jahre 1750 mit dem Kammergerichte vereinigten
1 S. hierzu Laband, Bd. III, S. 370 und die dort N. 2 zitierte Literatur.