Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Erste Abteilung. (3_1)

Staatshaushaltsetat und Kontrolle der Finanzverwaltung. (S8. 118.) 93 
Könige und den Ministern vollzogen sind. Die Verordnung v. 3. Febr. 1847 über 
die Bildung des vereinigten Landtages? verhieß (§. 11), „daß dem vereinigten Landtage, 
wenn dieser einberufen werde, jederzeit der Hauptfinanzetat und eine Übersicht des Staats- 
haushaltes für die Zeit von einer Versammlung zur anderen zur Information vor- 
gelegt werden solle“, bestimmte indes zugleich, „daß die Feststellung dieses Etats, 
sowie die Verfügung über die Verwendung der Staatseinnahmen und Überschüsse ein 
ausschließliches Vorrecht der Krone bleibe“. Die gleichzeitig erlassene Verordnung über 
die periodische Zusammenberufung der vereinigten ständischen Ausschüsse 3 bestimmte (§. 6), 
„daß, wenn der König sich bewogen finden sollte, dem vereinigten ständischen Ausschusse 
Mitteilungen über den Staatshaushalt zu machen, dieserhalb die Vorschriften des §. 11 
der Verordnung über die Bildung des vereinigten Landtages volle Anwendung finden 
sollten"“. Hiernächst bestimmte dann aber das Gesetz v. 6. April 1848 über einige 
Grundlagen der künftigen preußischen Verfassung (§F. 6), „daß den künftigen Ver- 
tretern des Volkes jedenfalls die Zustimmung zu allen Gesetzen, sowie zur Feststellung 
des Staatshaushaltsetats, und das Steuerbewilligungsrecht zustehen solle“. Gemäß 
dieser Verheißung hat die oktroyierte Verfassungsurkunde v. 5. Dez. 1848, Art. 98, 
und hiermit gleichlautend die revidierte Verfassungsurkunde v. 31. Jan. 1850, Art. 99, 
den Satz ausgesprochen, „daß alle Einnahmen und Ausgaben des Staates für jedes 
Jahr im voraus veranschlagt und auf den Staatshaushaltsetat gebracht werden müissen, 
welcher jährlich durch ein Gesetz festgestellt wird"“. Diese Bestimmung der Verfassungs- 
urkunde gesteht mithin der Volksvertretung ein uneingeschränktes Recht der Teilnahme 
an der Feststellung des jährlichen Staatshaushaltsetatsgesetzes zu. Demgegenüber kennt das 
englische Recht ein solches uneingeschränktes Budgetrecht nicht: „die gesetzlich feststehenden 
Einnahmen und Ausgaben bilden nicht Gegenstand parlamentarischer Bewilligung“. 
Zuvörderst kann kein Zweifel darüber obwalten, daß das Gesetz über den 
Siwatz) aushltseen im Wege der ordentlichen Gesetzgebung des Art. 62 der Verfassungs- 
urkunde, also nur durch Übereinstimmung aller drei Faktoren der gesetzgebenden Gewalt, 
zu ergehen hat, „so daß — fährt v. Rönne Bd. I, S. 594 fort — also die Ok- 
troyierung im Wege königlicher Verordnung (Art. 63) hier unbedingt unstatthaft ist. 
  
1 Durch die Kab. O. v. 21. Febr. 1829 (G. 
S. 1829, S. 13) wurde genehmigt, daß mit der 
öffentlichen Kundmachung des Hauptfinanzetats 
des Staates von drei zu drei Jahren fortgefahren. 
werden könne, wobei zugleich dem Finanzminister 
überlassen wurde, „gleichzeitig mit der Publikation 
des Etats die erforderlichen Erläuterungen dazu 
durch die Amtsblätter bekannt zu machen“. (Eine 
solche Erläuterung hat nur unterm 24. Febr. 1829 
stattgefunden. Vgl. den Auszug daraus bei Ber- 
gius, Preußen in staatsrechtl. Beziehung, 2. Aufl., 
S. 387 ff.) 
fernere Veröffentlichung der allgemeinen Staats- 
finanzetats von drei zu drei Jahren stattgefunden 
(vgl. die Etats für 1832, 1835, 1838, 1841, 
1844 u. 1847 in den betr. Jahrg. der G. S., 
und über dieselben und deren Unvollständigkeit 
v. Bülow-Cummerow, Preußen seine Ver- 
fassung und Verwaltung, 1842, 3. Aufl., Vorw. 
S. VIII, 164 ff., 167 ff.; Bergius, über den 
preuß. Hauptfinanzetat für 1841, 1841. Der 
Etat für das Jahr 1849 ist unter Vorbehalt der 
Genehmigung der Kammern durch den Allerh. 
Erl. v. 27. Dez. 1848, G. S. 1849, S. 447, 
publiziert worden und schließt in Einnahme und 
Ausgabe mit 94 174 380 Tlr. ab, woraus sich 
die Behauptungen v. Bülow-Cummerows 
über die Unvollständigkeit der früheren Etats be- 
stätigen. Ubrigens ist dieser Etat schließlich von 
den Kammern genehmigt und demgemäß das 
Infolgedessen hat demnächst eine 
  
erste Staatshaushaltsetatsgesetz unterm 11. März 
1850 (G. S. 1850, S. 177) publiziert worden. 
2 G. S. 1847, S. 34 ff. 
G. S. 1847, S. 40. 
4 G. S. 1848, S. 87. 
* G. Meyer-Anschütz, Lehrb., S. 749, 754 
und bes. jetzt Hatschek, Engl. Staatsrecht, Bd. 1, 
S. 455 ff.; ders., Das Staatsrecht des Verein. 
Königr. Großbritannien-Irland, 1914, S. 70f ff. 
5 Während der Zeit des Verfassungskonflikts 
hat die Staatsregierung den von ihr einseitig fest- 
gesetzten Staatshaushaltsetat für das Jahr 1865 
mittels eines von dem ganzen Staatsministerium 
gegengezeichneten Allerh. Erl. v. 5. Juli 1865 
durch den Königl. Preuß. Staatsanzeiger 1865, 
Nr. 167, S. 2289 veröffentlichen lassen. Der 
Allerh. Erl. v. 5. Juli 1865, mit welchem zu- 
gleich auch der demselben zu Grunde liegende 
Bericht des Staatsmin. v. 4. Juli veröffentlicht 
worden ist, spricht aus, daß die diesem Berichte 
beigefügte Nachweisung der für das Jahr 1865 zu 
erwartenden Einnahmen und der zu leistenden 
Ausgaben als „Richtschnur für die Verwaltung“ 
dienen solle; der mitgeteilte Bericht des Staatsmin. 
führt aus, daß, weil ein — 
gesetz nicht zustande gekommen sei, nichts übrig 
bleibe, als daß die Staatsregierung die Ausgaben 
auf eigene Verantwortung leiste. Da diese Publi- 
kation nicht in verfassungsmäßiger Form (ogl. 
Art. 106 der Verf. Urk.) erfolgt ist, also selbst
	        
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