Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Erste Abteilung. (3_1)

158 Die Gesetzgebung. (§. 119.) 
zu erheben. Als ein wesentlicher Bestandteil der Staatsgewalt 1 gebührt in der absoluten 
Monarchie dieses Recht ausschließlich dem Staatsoberhaupt. Dagegen stehen in der sei 
es durch Stände oder durch Volksrepräsentation beschränkten Monarchie der einseitigen 
Ausübung jenes Rechtes durch das Staatsoberhaupt die in dem Steuerbewilligungs- 
rechte begriffenen Befugnisse der Stände oder der Volksvertretung gegenüber 3; sie bilden 
die verfassungsmäßige Schranke gegen willkürliche und unzweckmäßige Besteuerung. — 
Die neuere ständische Gesetzgebung in Preußen hatte den Ständen nur eine beschränkte 
Teilnahme an der Ausübung des Besteuerungsrechtes beigelegt"; dagegen hat die Ver- 
ordnung v. 6. April 184 8 über einige Grundlagen der künftigen preußischen Verfassung 5 in 
8. 6 bestimmt, daß der Volksvertretung jedenfalls das Steuerbewilligungsrecht 
zustehen solle 5, ohne diese Verheißung an eine Einschränkung zu knüpfen. Die oktroyierte 
Verfassungsurkunde v. 5. Dez. 1848 und die revidierte Verfassungsurkunde v. 31. Jan. 
1850 haben indes den Kammern nur ein beschränktes Steuerbewilligungsrecht bei- 
gelegt.7 
II. Die Bestimmungen der Verfassungsurkunde über das der Volksvertretung bei- 
gelegte Steuerbewilligungsrecht sind folgende. Art. 100 setzt fest, daß Steuern und Ab- 
  
1 Über die geschichtliche Entwicklung des Be= bestehenden Steuersätze weder im allgemeinen, 
steuerungsrechtes in Deutschland überhaupt und noch in einer einzelnen Provinz angeordnet wer- 
über die Entwicklung der Territorial-Steuerver= den solle“, beschränkte jedoch dies Recht dahin, 
fassung insbesondere vgl. Zachariä, D. St. u. „daß von jener Bestimmung die Eingangs-, 
B. R., 3. Aufl., Bd. II, S. 487 ff., und die dort Ausgangs= und Durchgangszölle sowie diejenigen 
angef. Schriften. — Für Preußen insbes. Si= indirekten Steuern ausgenommen sein sollten, 
mon, Preuß. St. R., Bd. II, S. 212 ff., S. 117 ff. deren Sätze, Erhebung oder Verwaltung den Gegen- 
und die in dem Beihefte zum Königl. Preuß. stand einer Ubereinkunft mit anderen Staaten 
Staats-Anz., Nov. 1867, S. 29 ff. angef. Schriften. bilden; auch solle jene Bestimmung auf die Do- 
2 Demgemäß erklärt das A. L. R., II, 13, mänen und Regalien, ohne Unterschied, ob die 
8. 15 urgem brriIe das Steuerbewilligungs= Verfügungen darüber die Einkünfte oder die Sub- 
recht der Stände faktisch beseitigt war), das Recht stanz betreffen sowie auf Abgaben zu Provinzial 
der Besteuerung für ein Majestätsrecht. Auch Kreis- oder Kommunalzwecken, keine Beziehung 
sagt der §. 2 A. L. R., II, 14 in gleichem Sinne: haben"“. §. 10 a. a. O. behielt überdies dem 
„Dem Besteuerungsrechte, als einem Hoheitsrechte Könige das Recht vor, „für den Fall eines Krieges 
des Staates (d. i. im Sinne des A. L. R., II, außerordentliche Steuern ohne die Zustimmung 
13, §. 1 des „Staatsoberhauptess), sind alle die- des Vereinigten Landtags auszuschreiben“, in 
jenigen unterworfen, die für ihre Personen, Ver= welchem Falle dann nur nachträglich der Zweck 
mögen oder Gewerbe den Schutz des Staates und die Verwendung nachgewiesen werden sollte. 
genießen." — Die Bestimmungen des §. 9 wurden indes 
ç 4n von dem ersten Vereinigten Landtage für nicht 
8 Obgleich das Recht der Besteuerung der vereinbar mit der bisherigen Gesetzgebung eruch 
Staatsbürger für Staatszwecke nur dem Inhaber und es wurde behauptet, daß den Ständen auf 
der Staatsgewalt zustehen kann, ist hiermit den= Grund der V. v. 22. Mai 1815 und des Art. III, 
noch das verfassungsmäßige Recht der Stände Nr. 2 des Ges. v. 5. Juni 1823 das Recht zum 
oder der Volksvertretung, vermöge dessen die Be-#Beirate hinsichtlich aller Steuergesetze ohne Aus- 
steuerung nur mit ihrer Bewilligung geschehen nahme zustehe, weshalb beschlossen wurde, die 
darf, vollkommen vereinbar und enthält keines- Deklaration bzw. Abänderung des §. 9 der V. 
wegs eine Teilung der Staatshoheit, sondern v. 3. Febr. 1847 in diesem Sinne zu beantragen. 
nur eine Einschränkung der Rechte des Staats= Die Königl. Botschaft v. 24. Juni 1847 lehnte 
oberhauptes. dies jedoch ab (vgl. Rauer, Verhandl. des 
4 Das Gesetz v. 5. Juni 1823 wegen An= 1. Verein. Landtags, S. 142 ff., und dessen stäu- 
ordnung der Provinzialstände (G. S. 1823, S. 129) dische Gesetzgebung in den preuß. Staaten, neue 
bestimmte in §. III, Nr. 2, „daß den Provinzial= Folge, Tl. II, S. 189—193). 
ständen, solange keine allgemeinen ständischen 5 G. S. 1848, S. 87. 
Versammlungen stattfinden, die Entwürfe solcher * Der §. 6 a. a. O. lautet: „Den künftigen 
allgemeinen Gesetze, welche Veränderungen in Vertretern des Volks soll jeden falls die Zu- 
den Steuern zum Gegenstande haben, soweit stimmung zu allen Gesetzen, sowie zur Fortsetzung 
sie die Provinz betreffen, zur Beratung vorge= des Staatshaushaltsetats und das Steuerbe- 
legt werden sollten“". Den Provinzialständen willigungsrecht zustehen.“ 
wurde hierbei also nur eine beratende Stimme *' Die von dem Steuerbewilligungsrechte han- 
(kein Steuerbewilligungsrecht) beigelegt. — delnden Art. 99, 100 u. 109 der Verf. Urk. v. 
Die V. v. 3. Febr. 1847 über die Bildung des 31. Jan. 1850 sind ohne irgendeine Verände- 
Vereinigten Landtages (G. S. 1847, S. 34) be= rung aus der oktroyierten Verf. Urk. v. 5. Dez. 
stimmte hiernächst in §. 9, „daß ohne die Zu= 1848, in welcher sie die Art. 98, 99 u. 108 
stimmung des Vereinigten Landtages die Ein= bildeten, beibehalten worden (vgl. v. Rönne, 
führung neuer Steuern oder die Erhöhung der Verf. Urk., S. 185—187). 
  
 
	        
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