Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Erste Abteilung. (3_1)

32 Die Gesetzgebung. (8. 114.) 
geordneten Organe die verbindliche Norm. An diese Verordnungen sind auch die Gerichte 
gebunden, vorausgesetzt, daß jene den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechen, was zu 
prüfen die Gerichte bei allen nicht vom Könige erlassenen Verordnungen befugt sind. 
III. Das nach Art. 45 der Verfassungsurkunde dem Könige zustehende Verordnungs- 
recht im Gegensatze zur Gesetzgebung umfaßt?: 
1. Das Recht, in denjenigen Fällen, wo das Gesetz nur die leitenden Grundsätze 
aufstellt, die erforderlichen Einzelvorschriften diesen Grundsätzen entsprechend zu geben. 
2. Das Recht zur Anordnung derjenigen Anstalten und Einrichtungen, welche zur 
Ausführung des Gesetzes erforderlich sind, wobei indes, insoweit dazu besondere Geld- 
mittel erforderlich sind, die budgetgemäße Mitwirkung der Kammern eintreten muß; ferner 
die Befugnis zum Erlaß allgemeiner Instruktionen für die zum Vollzug der. Gesetze be- 
stimmten Behörden, insbesondere über deren Geschäftsgang und das von ihnen nach 
Maßgabe des Gesetzes zu beobachtende Verfahren, insoweit für diese Materien nicht be- 
sondere Gesetze erlassen sind, wie z. B. für die Organisation der Gerichte und das Prozeß- 
verfahren. 
3.Das Recht, solche allgemeine Verfügungen zu erlassen, welche aus dem Ober- 
aufsichtsrechte der Staatsgewalt entspringen, sofern dadurch eine Abänderung bestehender 
Gesetze nicht bewirkt, neue Lasten oder Leistungen nicht auferlegt werden 4, oder die Ver- 
fassung nicht, wie z. B. für Strafen, ausdrücklich die Grundlage eines Gesetzes (Art. 8) 
vorschreibt. 
S. 114. 
Das Polizeiverordnungsrecht.5 
A) Das Recht zum Erlaß von Polizeiverordnungen, nämlich von allgemeinen 
Anordnungen, durch welche von seiten der Polizeibehörden den ihrer Herrschaft unter- 
worfenen Personen gewisse Handlungen oder Unterlassungen unter Strafandrohung ge- 
boten oder verboten werden, hat das Allgemeine Landrecht in II, 13, §. 6 gleich dem 
Rechte der Gesetzgebung für ein Majestätsrecht erklärt.“ Durch die spätere Gesetzgebung 
über die Reorganisation der Behörden ist dann aber den Provinzialregierungen 
ein beschränktes Recht zum Erlaß von allgemeinen Verboten und Strafandrohungen bei- 
gelegt worden. 
Die Verordnung v. 26. Dez. 1808 wegen verbesserter Einrichtung 
  
1 S. über das „p rrichterliche" Prüfungsrecht 
unten §. 126. 
2 Mit den hier aufgestellten Grundsätzen ein- 
verstanden: v. Schulze, St. R., Bd. II, S. 26 ff. 
Vgl. auch v. Gerber, Grundzüge, 3. Aufl., 
S. 156. 
3 Dahin gehört auch die Regulierung solcher 
Tarife und Taxen, für deren Höhe der Maßstab 
vom Gesetze festgestellt ist. » 
1 v. Rönne hatte das Recht des Königs, 
Vollzugsverordnungen zu erlassen, auf die Ver- 
waltung — „im Gegensatze zur Rechtspflege'“ — 
beschränkt. Daß aber dieses Recht des Königs 
aus Art. 45 ein allgemeines ist, ist nach den Aus- 
führungen von Arndt, Verordn. R., S. 211 ff., 
ziemlich allgemein anerkannt, s. G. Meyer-An- 
schütz, §. 159, S. 573 f.; v. Schulze, Pr. St. 
R., II, S. 28 ff.; Rosin, Polizeiverordn. R.?, 
S. 35; Anschütz in Holtzendorff-Kohlers Rechts- 
enzyklopädie"?, Bd. IV, S. 161. 
5 Vgl. L. v. Stein, Die Verwaltungslehre, 
Teil IV, S. 36 ff.; G. Meyer-Anschütz, 
S. 575 ff.; v. Schulze, Pr. St. R., Bd. II, 
S. 30 ff.; Gneist, Verwaltung, Justiz, Rechts- 
weg, S. 75 ff.; Th. Förstemann, Prinzipien 
des Pr. Polizeirechts, S. 111—212 (Polizeiliches 
griff der „Rechtsverordnung“ ablehnt. 
  
Verordn. R. der Behörden in der Pr. Monarchie), 
bes. Rosin, Polizeiverordn. R. in Preußen (1882), 
2. Aufl., 1895; das letztgenannte Werk behandelt 
die Materie nach allen Seiten erschöpfend; wei- 
tere Literaturangaben s. Rosin, S. 36, Note 6 
(ders. Art. Polizeiverordnung in v. Stengel-Fleisch= 
manns Wörterb., Bd. III, S. 123. Vgl. auch 
Wolf, Die Gesetzgebung über d. Polizeiverordn. R. 
in Preußen, 1910). Über Begriff und rechtliche 
Natur der Polizeiverordnung S. 55 ff.; diesen. 
Ausführungen ist in vollem Umfange zuzustim- 
men, auch wenn man ihre Grundlage, den Be- 
Was für 
die „Rechtsverordnung“ begrifflich behauptet wird, 
ist für die Polizeiverordnung positivrechtlich vor- 
geschrieben; wäre erstere Behauptung richtig, so 
hätte es der letzteren positiven Vorschriften nicht 
bedurft. 
6 Über die Ausübung des polizeilichen Ver- 
ordnungsrechtes seitens der Behörden im Preuß. 
Staate in der vorlandrechtlichen Zeit vgl. 
Förstemann, a. a. O., S. 141—147, und über 
die betr. landrechtlichen Bestimmungen ebenda, 
S. 147—151. Eine besondere Vorschrift über 
das Polizeiverordn. R. in den Städten A. L. R. II, 
8, 8S§. 115, 116.
	        
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