332 Unterrichtswesen. (§. 150.)
gewerbetreibende (z. B. keramische Fachschulen), die Gewerbe- und Haushaltungs-
schulen für die hauswirtschaftliche und gewerbliche Ausbildung von Mädchen sowie end-
lich die sog. Meisterkurse in Betracht.
Die gewerblichen und kunstgewerblichen Fachschulen und Zeichenschulen unterstehen
gemäß und seit der königlichen Verordnung v. 3. Sept. 18842 dem Ministerium für
Handel und Gewerbe, ausgenommen die Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums in
Berlin sowie die Kunstschulen in Berlin und Breslau, welche zum Ressort des Unterrichts-
ministers gehören. Zur Unterstützung des Ministers bei der Verwaltung des gewerb-
lichen Unterrichtswesens und der Gewerbeförderung besteht seit dem 1. April 1905 als
besondere kollegial-technische Behörde das „Landesgewerbeamt“. 3 Neben letzterem steht
der „Ständige Beirat für das gewerbliche Unterrichtswesen und die Gewerbeförderung“,
dieser Beirat ist dazu bestimmt, dem Minister die Kenntnis der in den Kreisen der Fach-
kundigen und sonstigen Schulinteressenten vorhandenen Anschauungen und Bestrebungen
zu vermitteln und diesen Kreisen Gelegenheit zu geben, bei der Ausgestaltung des ge-
werblichen Unterrichtswesens und der Gewerbeförderung in Fragen von grundsätzlicher
und allgemeiner Bedeutung mitzuwirken. Weitere Aufsichtsorgane über die gewerblichen
Schulen sind die Regierungspräsidenten, die ihnen beigegebenen Regierungs= und Gewerbe--
schulräte, sowie in einigen Provinzen die Gewerbeinspektoren. Bei den nichtstaatlichen
gewerblichen Schulen bildet die Gemeindebehörde eine Aufsichtsinstanz. Endlich sind bei
jeder Gewerbeschule besondere „Kuratorien“ oder „Schulvorstände“ gebildet.5
C. Gewerbliche Fortbildungsschulen.
Die gewerblichen Fachschulen sind Tagesschulen; ihr Besuch ist nur solchen möglich,
welche nach Absolvierung der Schule allgemeiner Bildung Zeit und Mittel haben, einen
Fachkursus von einem oder mehreren Jahren durchzumachen oder doch, wie die Bauhand-
werker, mehrere Winter ihrer fachlichen Ausbildung zu widmen. Die große Mehrzahl
der Gehilfen und Lehrlinge aus allen Gewerben hat indes hierzu weder Zeit noch Mittel.
Zur fachlichen Fortbildung dieser jungen Leute sind daher die gewerblichen Fortbil-
dungsschulen eingerichtet, welche ihren Unterricht auf die Abende der Wochentage und
den Sonntag legen, also dem jungen Gewerbetreibenden, Handwerker und Kaufmann,
welcher während des Tages in der Werkstatt oder dem Kontor zu arbeiten hat, gestatten,
neben dieser praktischen Arbeit noch eine bessere theoretische, aber auch auf seinen Beruf
bezogene Bildung zu erwerben. Solche Fortbildungsschulen bestehen heute für die männ-
liche wie für die weibliche Jugend. Der Unterricht beschränkt sich meist auf Deutsch,
Rechnen, Zeichnen, Buchführung, Kalkulation und Bürgerkunde. Er trägt in der Regel
ohne eingehendere Berücksichtigung eines bestimmten Faches den gemeinsamen Berufs-
interessen aller Schüler Rechnung. In Preußen gab es schon nach der 1882 vom
Unterrichtsminister angeordneten Statistik 1261 Fortbildungsschulen, von denen 644 ge-
werbliche und 617 ländliche waren. Grundlegend für das Fortbildungsschulwesen ist die
reichsrechtliche Bestimmung des §. 120 der Reichsgewerbeordnung: Die Gewerbeunter-
nehmer? sind verpflichtet, ihren Arbeitern unter 18 Jahren, welche eine von der Ge-
meindebehörde oder vom Staate als Fortbildungsschule anerkannte Unterrichtsanstalt be-
suchen, hierzu die erforderlichenfalls von der zuständigen Behörde festzusetzende Zeit zu
gewähren. Am Sonntage darf der Unterricht nur stattfinden, wenn die Unterrichts-
1 Näheres bei Simon a. a. O., S. 280—283.
2 G. S. 1885, S. 93.
3 Königl. Verordn. v. 20. März 1905 (G.
S. 1905, S. 173); dazu Ausf. Ann. v. 3. April
1905 (Hand. M. Bl. 1905, S. 83).
" Vgl. Min. Erl. v. 8. Dez. 1905 (Hand. M.
Bl. 1905, S. 355).
Geschäftsanweisung für Kuratorien könig-
licher Fachschulen v. 17. Jan. 1902 (M. Bl. für
H. u. G. 1902, S. 48). Vgl. Simon a. a. O.,
S. 276 .; über die Lehrkräfte der gewerblichen
Schulen ebenda S. 278 f.
6 Simon, Art. Gewerbliches Unterrichtswesen,
in v. Stengel-Fleischmanns W. St. V. R., Bd. II,
S. 271ff.
: Auch die Kaufleute (ugl. H. G. B. v. 10. Mai
1897, §. 76, Abs. 4), in Preußen ferner die Berg-
werksbesitzer (Bergges. v. 24. Juni 1865 bzw.
24. Juni 1892, §. 87).
* Wegen der Unterrichtszeit vgl. die Min. Erl.
v. 20. Aug. 1904 (Hand. M. Bl. 1904, S. 402)
und v. 21. Dez. 1912 (Hand. M. Bl. 1913,
S. 10).