Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Zweite Abteilung. (3_2)

Landwirtschaftliche Lehranstalten. (8. 151.) 335 
mittlere und niedere landwirtschaftliche Schulen (Ackerbauschulen) suchten ihren Schwer— 
punkt in einer Anlehnung des eigentlichen Unterrichts an den praktischen Wirtschafts— 
betrieb, sei es nur als Demonstrationsmittel, sei es durch Teilnahme der Zöglinge jener 
Anstalten an den wirtschaftlichen Arbeiten selbst. Als dann aber infolge der Erforschung 
der wissenschaftlichen Fundamente des Landbaues genügendes Material für einen wissen- 
schaftlich theoretischen Unterricht vorlag, trat insbesondere für die höhere Unterrichtsstufe 
das Bestreben hervor, die theoretische Unterweisung in den Grund= und Hilfswissenschaften 
des Landbaues in den Vordergrund zu stellen und die praktische Unterweisung zurück- 
treten zu lassen. Bei der Neuerrichtung landwirtschaftlicher Unterrichtsanstalten wurde 
daher größerer Wert auf die Leichtigkeit der Erlangung tüchtiger Lehrkräfte durch die 
Nähe anderer wissenschaftlicher Anstalten, als auf die Verbindung mit größeren Guts- 
wirtschaften gelegt; und abgesehen von dem weiteren Streitpunkte, ob das Studium der 
Landwirtschaft an besonderen Akademien oder an den Universitäten rationeller zu betreiben 
sei, zeigte sich bei den neueren Anstalten darin Übereinstimmung, daß sie in die wissen- 
schaftlichen Mittelpunkte der betreffenden Provinz verlegt und nicht mit einer größeren 
Gutswirtschaft, sondern nur mit einem Versuchsfelde ausgestattet wurden. 1 
Von den höheren landwirtschaftlichen Lehranstalten befinden sich nur die selbständigen 
Akademien, nämlich die landwirtschaftliche Hochschule in Berlin 2, die landwirtschaftliche 
Akademie zu Bonn-Poppelsdorf 3 und das Kaiser-Wilhelm-Institut für Landwirtschaft in 
Bromberg 4 im Bereich des Ministeriums für Landwirtschaft, Domänen und Forsten ?, 
während die organisch mit Universitäten verbundenen landwirtschaftlichen Institute 5 dem 
Ressort der Unterrichtsverwaltung angehören.7 
Die Organisation des mittleren landwirtschaftlichen Unterrichts in Preußen hat mit 
der Errichtung der Landwirtschaftsschulen nach dem Reglement v. 10. Aug. 1875 bzw. 
15. Nov. 1892 und 3. Juni 1896 5 einen gewissen Abschluß gefunden."? Während die 
ersten Ackerbauschulen ihren Schwerpunkt in die praktische Unterweisung und die Teil- 
nahme der Schüler an allen landwirtschaftlichen Arbeiten legten, theoretischen Unterricht 
  
4 
stiftet und 1819 zu einer Königl. Lehranstalt 4 Ohne eigentliche Studieneinrichtung; errichtet 
erhoben. Vgl. die Möglinschen Jahrb., Bd. im Jahre 1906. 
IV, S. 337 ff., Bd. XVII, S. 301 ff.; Pro- 5 Die (ebenfalls zum Ressort des landwirt- 
gramm der Königl. Akademie des Landbaues zu schaftlichen Ministeriums gehörigen) landwirt- 
Möglin (Berlin 1836); Webers Handbuch der schaftlichen Akadem en zu Eldena bei Greifswald, 
Statistik der Preuß. Monarchie, S S. 161. zu Proskau bei Oppeln und zu Waldau bei 
1 Immediatbericht des Landwirtschaftsministers Königsberg i. Pr. (hierüber v. Rönne, Unter- 
für 1875, 1876 und 1877, S. 63 —64; über die richtswesen, Bd. II, S. 355 ff., 359—360; Allerh. 
Grundzüge des jetzt bestehenden landwirtschaft= Erlaß v. 21. Mai 1850, M. Bl. d. i. Verw. 1850, 
lichen Unterrichtsplans vgl. die Erörter. des ge= S. 190, Nr. 242) sind aufgehoben. Vgl. die an- 
dachten Ministers in der Sitzung des A. H. v. geführten Immediatberichte über Preußens land- 
22. Febr. 1875 (Stenogr. Ber. 1875, Bd. I, wirtschaftliche Verwaltung in den Jahren 1875, 
S. 374 ff.). 1876 u. 1877, S. 65, in den Jahren 1878, 
2 Diese ist in Anlehnung an die Friedrich= 1879 u. 1880, S. 206 ff. 
Wilhelm-Universität gegründet. Allerh. Order 5 Es sind dies die akademischen landwirtschaft- 
v. 14. Febr. 1881 (Reichs= und Staatsanzeiger, lichen Lehrinstitute bei den Universitäten zu 
Jahrg. 1881, Nr. 49); Vorschriften betr. das Ab= Breslau, Göttingen, Halle a. S., Kiel, Königs- 
gangsexamen für die ordentlichen Hörer der land- berg., 
wirtschaftlichen Hochschule zu Berlin v. 14. Febr. Uber die Habilitation als Privatdozent der 
1882 (das., Jahrg. 1882, Nr. 156); Satzung v. Landwirtschaft an einer höheren landwirtschaft- 
20. Jan. 1897. , lichen Lehranstalt vgl. die Vorschriften v. 18. Mai 
s Diese ist im Jahre 1847 errichtet. Uber 1877 (M. Bl. d. i. Verw. 1877, S. 151, Nr. 110; 
Zweck und Einrichtung vgl. den Einrichtungsplan Anhang II, Abschn. IV, Anl. 6 zu den ange— 
v. 11. April 1847 (M. Bl. d. i. Verw. 1847, S. führten Immediatberichten für die Jahre 1875, 
54 ff.) nebst Erl. v. 29. März 1848 (a. a. O,1 u. 1877); Ordnung der Diplomprüfungen 
S. 159) und Regul. v. 11. Juni 1849; die gegen= v. 20. März 1909 (M. Bl. für Landw. 1909, 
wärtig gültige Satzung ist die vom 12. Febr. S. 179); Ordnung für die Ausbildung im Lehr- 
1900. Hartstein, Die höhere landwirtschaft= amt v. 2. Juni 1891 (das. 1891, S. 175). 
liche Lehranstalt zu Poppelsdorf, Bonn 1854, 5 Normaletat: Min. Erl. v. 28. Juni 1909 
S. 7 ff.). Vgl. v. Rönne, Unterrichtswesen, (M. Bl. für Landw. 1909, S. 279). 
Bd. II, S. 357—359. Über Disziplin und ?# Immediatbericht über Preußens landwirt- 
Gerichtsstand der dort studierenden Akademiker: schaftliche Verwaltung in den Jahren 1875, 
Kab. O. v. 4. Febr. 1848 (G. S. 1848, S. 97). 1876 u. 1877, S. 69 ff. 
  
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