Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Zweite Abteilung. (3_2)

Verhältnis der Eisenbahngesellschaften zum Staate. (8. 177.) 417 
nach Art. 13 auf Bayern und Württemberg keine Anwendung findet!, hat folgende Be— 
stimmungen getroffen: 
1. Der Eisenbahnbetrieb ist, soweit es die Natur und die Erfordernisse desselben 
gestatten, in die notwendige Übereinstimmung mit den Bedürfnissen des Postdienstes zu 
bringen. Die Einlegung besonderer Züge für die Zwecke des Postdienstes kann jedoch 
von der Postverwaltung nicht beansprucht werden. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen 
der Postverwaltung und den Eisenbahnverwaltungen über die Bedürfnisse des Postdienstes, 
die Natur und die Erfordernisse des Eisenbahnbetriebes entscheidet, soweit die Postverwaltung 
sich bei dem Ausspruche der Landesaufsichtsbehörde nicht beruhigt, der Bundesrat nach 
Anhörung der Reichspostverwaltung und des Reichseisenbahnamtes (Art. 1 des Ges. v. 
20. Dez. 1875). 
2. Mit jedem für den regelmäßigen Beförderungsdienst der Bahn bestimmten Zuge 
ist auf Verlangen der Postverwaltung ein von dieser gestellter Postwagen unentgeltlich 
zu befördern. Diese unentgeltliche Beförderung umfaßt: a) die Briefpostsendungen, Zei- 
tungen, Gelder mit Einschluß des ungemünzten Goldes und Silbers, Juwelen und 
Pretiosen ohne Unterschied des Gewichtes, ferner sonstige Poststücke bis zum Einzel- 
gewichte von 10 Kilogramm einschließlich, b) die zur Begleitung der Postsendungen, 
sowie zur Verrichtung des Dienstes unterwegs erforderlichen Postbeamten, auch wenn 
sie vom Dienste zurückkehren, c) die Gerätschaften, deren die Postbeamten unterwegs be- 
dürfen. — Für Poststücke, die nicht unentgeltlich zu befördern sind, hat die Postverwaltung 
eine Frachtvergütung zu zahlen, die nach der Gesamtmenge der auf der betreffenden Eisen- 
bahn sich bewegenden zahlungspflichtigen Poststücke für den Achskilometer berechnet wird. 
Die Mitbeförderung solcher Päckereien, die nicht zu den Brief= und Zeitungspaketen gehören, 
soll bei Zügen, deren Fahrzeit besonders kurz bemessen ist, beschränkt oder ausgeschlossen 
werden, wenn dies von der Eisenbahnaufsichtsbehörde zur Wahrung der pünktlichen und 
sicheren Beförderung der betreffenden Züge für notwendig erachtet wird, und andere zur 
Mitnahme der Päckereien geeignete Züge auf der betreffenden Bahn eingerichtet sind (Art. 2). 
Auf Grund vorangegangener Verständigung kann an Stelle eines besonderen Postwagens 
eine Abteilung eines Eisenbahnwagens gegen Erstattung der für Herstellung und Wieder- 
beseitigung der für die Zwecke des Postdienstes erforderlichen Einrichtungen von der Eisen- 
bahnverwaltung aufgewendeten Selbstkosten, sowie gegen Zahlung einer Miete für Hergabe 
und Unterhaltung benutzt werden, die nach Art. 6, Abs. 5 zu berechnen ist (Art. 3). 
Bei solchen für den regelmäßigen Beförderungsdienst der Bahn bestimmten Zügen, 
die nicht in der in den Art. 2 und 3 bezeichneten Weise zur Postbeförderung benutzt 
werden, kann die Postverwaltung entweder, soweit dies nach dem Ermessen der Eisen- 
bahnverwaltung zulässig ist, der letzteren Briefbeutel, sowie Brief= und Zeitungspakete 
zur unentgeltlichen Beförderung durch das Zugpersonal überweisen, oder die Beförderung 
von Briefbenteln, sowie Brief= und Zeitungspaketen durch einen Postbeamten besorgen lassen, 
dem der erforderliche Platz in einem Eisenbahnwagen unentgeltlich einzuräumen ist (Art. 4). 
Reicht der eine Postwagen (Art. 2) oder die an dessen Stelle für Postzwecke bestimmte 
Wagenabteilung (Art. 3) für die Bedürfnisse des Postdienstes nicht aus, so sind die 
Eisenbahnverwaltungen auf rechtzeitige Anmeldung oder Bestellung gehalten, nach Wahl 
der Postverwaltung mehrere Postwagen zur Beförderung zuzulassen, oder der Postver- 
waltung zur Befriedigung des Mehrbedürfnisses geeignete Güterwagen oder einzelne ge- 
eignete Abteilungen solcher Personenwagen, deren übrige Abteilungen in dem betreffen- 
den Zuge für Eisenbahnzwecke verwendbar sind, zu gestellen, oder die ihnen von der 
Postverwaltung überwiesenen Postsendungen zur eigenen Beförderung zu übernehmen. 
Bei Zügen, auf denen die Beförderung von Postpäckereien ausgeschlossen oder beschränkt 
  
1 Die Motive zum Art. 13 bemerken, daß die Nr. 87, S. 200) heben hervor, daß das Reich 
— bereits in §. 4 des Postges. v. 28. Okt. 1871 kein Interesse daran habe, wie das Verhältnis 
ausgesprochene — Ausschließung der Anwendung der bayerischen und württemberg. Post zu den 
auf Bayern und Württemberg auf dem Art. 52 dortigen Eisenbahnen geregelt werde, da diesen 
der Reichsverf. beruht, und die Motive zu §. 4 beiden Staaten der Ertrag ihrer eigenen Post- 
des Reichspostges. v. 28. Okt. 1871 (Stenogr. Ber. verwaltung verbleibt. 
des Reichstags 1871, 1. Session, Bd. III, Aktenst. 
v. Rönne-Zorn, Preuß. Staatsrecht. 5. Aufl. III. 27
	        
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