Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Zweite Abteilung. (3_2)

420 Das Recht der Wirtschaftspflege. (8. 178.) 
4. Bei vorübergehenden Unterbrechungen oder Störungen des Reichstelegraphen hat 
die Eisenbahn durch den Betriebstelegraphen die Depeschen unentgeltlich zu befördern, 
wofür die Reichstelegraphenverwaltung Gegenseitigkeit ausübt. 
8. 178. 
V. Aufsicht des Staates über die Eisenbahnen. 
J. Eine Bahn darf dem Verkehr nicht eher eröffnet werden, als nach vorgängiger 
Revision (Abnahme) 1 der Anlage vom Minister der öffentlichen Arbeiten? die Genehmi— 
gung dazu erteilt ist. 
II. Die Handhabung der Bahnpolizei wird nach den Bestimmungen der Betriebs- 
ordnung ausgeübt.3 
III. Durch die Verordnung v. 24. Nov. 1848“ sind die Verhältnisse über Annahme, 
Beschäftigung und Entlassung der bei dem Bau von Eisenbahnen beschäftigten Arbeiter und 
der Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung unter denselben geordnet worden. 
IV. Der Staat? übt eine Aufsicht über den Betrieb der Eisenbahngesellschaften 
in betreff des Bahngeld= und Transportgeldtarifs aus.“ Die Bestimmungen des Eisen- 
bahngesetzes hierüber sind im wesentlichen folgende: 
1. Für die drei ersten Betriebsjahre hat die Gesellschaft das Recht, den Tarif für 
den Transport nach ihrem Ermessen zu bestimmen. Sie ist nur verpflichtet, ihn der 
Regierung mitzuteilen und öffentlich bekanntzumachen, auch für die angesetzten Preise 
alle aufgegebenen Waren, deren Transport auf der Bahn nicht polizeilich für unzulässig 
erklärt ist, ohne Unterschied der Interessenten, zu befördern (§. 20). 
2. Nach Ablauf der ersten drei Betriebsjahre können auch andere, gegen Entrich- 
tung des Bahngeldes oder einer zu regelnden Vergütung, die Befugnis zum Transport- 
betriebe auf der Bahn erhalten (8. 27). 
3. Die Höhe des Bahngeldes soll nach den in den §§. 29 und 30 näher festge- 
setzten Grundsätzen geregelt werden. 
4. In bestimmten Perioden, welche der Minister der öffentlichen Arbeiten für jede 
Eisenbahn auf wenigstens drei und höchstens zehn Jahre festzusetzen hat, soll das Bahn- 
geld von neuem geregelt werden. Die Gesellschaft darf das festgesetzte Bahngeld nicht 
überschreiten, wohl aber vermindern. Der Tarif muß öffentlich bekanntgemacht und auf 
alle Transporte gleichmäßig angewendet werden (8§. 31). . 
5. Nach Regelung des Bahngeldtarifs (88. 29 und 30) darf die Gesellschaft die 
Preise, die sie für die Beförderung an Fuhrlohn neben dem Bahngelde erheben will, 
nach ihrem Ermessen ansetzen, es dürfen solche jedoch nicht auf einen höheren Reinertrag 
als 10 Prozent des in dem Transportunternehmen angelegten Kapitals berechnet werden. 
Die Gesellschaft ist hierbei verpflichtet, den Frachttarif, der nachher nicht ohne Zustim- 
mung des Ministeriums erhöht werden darf, sowie etwaige Anderungen desselben, der 
  
1 Eisenbahnges., §. 22. — Die Abnahme er- 
folgt vom eisenbahntechnischen Standpunkt durch 
Eisenbahnbehörden und vom landespolizeilichen 
Standpunkt durch die Regierungspräsidenten. 
2 Die im Eisenbahnges., §. 22, der „Regierung“ 
beigelegte Befugnis ist auf den Min. d. öffentl. 
Arb. übergegangen. Ges. v. 1. Aug. 1883, §. 159. 
3 Eisenbahnges., §. 23. — Eisenbahn-Bau= und 
Betriebsordn. v. 4. Nov. 1904 (R. G. Bl., S. 387), 
8. 74—76. — Vgl. Fritsch -(Gleim), Art. Eisen- 
bahnpolizei,W., Bd. lI, S. 664; Schunck, Grund- 
züge der Eisenbahnpolizei in Preußen, 1910. 
4 Regul., die Eisenbahnkommissariate be- 
treffend, v. 24. Nov. 1848, abgedruckt bei Fritsch, 
Handb. 2, S. 120. — Die Eisenbahnkommissare 
haben die Aufsicht über die finanziellen und alle Be- 
triebsangelegenheiten der Eisenbahngesellschaften. 
  
* Über die in dieser Beziehung dem Reiche 
zustehenden Befugnisse Art. 45 u. 46 der Reichs- 
verf. Vgl. oben §. 174, III unter 5 u. 6. 
6 Eisenbahnges., §. 35, hat bestimmt, daß 
Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und Privat- 
personen über die Anwendung des Bahngeld= und 
Frachttarifs von der Regierung, mit Vorbehalt 
des Rekurses an das Handelsministerium (jetzt 
Ministerium d. öffentl. Arb.), zu entscheiden sind. 
Das Zuständigkeitsges. v. 26. Juli 1876 (G. S., 
S. 297) hat in §. 4, Abs. 3 bestimmt, daß solche 
Streitigkeiten fortan von dem ordentl. Richter zu 
entscheiden sind. Diese Bestimmung ist in den 
§. 159, Abs. 2 des Zuständigkeitsges. v. 1. Aug. 
1883 (G. S., S. 290) übertragen. Sie hat jedoch 
vorläufig nur für die Kreisordnungsprovinzen 
Geltung.
	        
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