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Unterrichtswesen. (F. 135.)
zweiten Satze des ersten Absatzes) zugleich noch aus, daß „die auf besonderen Rechtstiteln
beruhenden Verpflichtungen dritter bestehen bleiben“. Damit ist ausgedrückt, daß alles das-
jenige, was an besonderen Schulfonds vorhanden und bisher zu Schulfonds bestimmt
war, dazu auch ferner verwendet werden soll.
Der letzte Satz des Art. 25 stellt aber
fest, daß der Unterricht in der öffentlichen Volksschule unentgeltlich erteilt wird, wor-
unter zu verstehen ist, daß das bisher in der Regel übliche Schulgeld für jeden ein-
zelnen Schüler nicht mehr zu bezahlen ist.?
Endlich schließt der Art. 25 der Ver-
fassungsurkunde an diese Bestimmungen noch die, daß „der Staat den Volksschullehrern
ein festes, den Lokalverhältnissen angemessenes Einkommen gewährleistet.“
Hierbei ist
der Gesichtspunkt maßgebend gewesen, daß der Staat sich wegen des Wertes, den er auf
das Volksschulwesen legt, für verpflichtet hält, den Pflegern desselben die Erfüllung ihres
Berufs auch durch Sicherung ihrer äußeren Lage zu erleichtern.
denen des Staates, auf. Wo aber ausnahms-
weise die Gemeinde bei nachgewiesenem Un-
vermögen dazu außer stande ist, da hat der
Staat wegen seines allgemeineren Interesses an
der Bildung seiner Bürger helfend hinzuzutreten
(vgl. die amtlichen Erläuter, des Min. v. Laden-
berg, S. 23—24 und die Erklärungen desselben
in den Stenogr. Ber. der 1. K. 1849—50, Bd. III,
S. 1979—50 und der 2. K., Bd. III, S. 1251
—53).
1 Nur Verpflichtungen, die auf allgemeinen,
jetzt nicht mehr anwendbaren Gesetzen beruhen,
können hiernach wegfallen. Im übrigen aber
hat der Satz dieselbe Bedeutung, wie sie die Be-
stimmung des Art. 15 der Verf. Urk. in betreff der
den Religionsgesellschaften erteilten Zusicherung
des Besitzes und Genusses ihrer Anstalten, Stif-
tungen und Fonds hatte; es sollen also die recht-
lich begründeten Verpflichtungen Dritter be-
stehen bleiben (vgl. die Bemerk. des Abgeordn.
Kisker in den Stenogr. Ber. der 1. K. 1819—
50, Bd. III, S. 1079). Ein Verbess. Antrag des
Abgeordn. v. Viebahn (Stenogr. Ber. der 2. K.
1849—50, Bd. III, S. 1237) bezweckte, diesen.
Sinn des in Rede stehenden Satzes ausdrück-
lich auszusprechen, was jedoch abgelehnt wurde
(a. a. O., S. 1259). Die Komm. der 2. K. hat
aber erklärt, daß die Absicht eben dahin gehe,
durch den in Rede stehenden Satz den Grundsatz
auszusprechen, daß es nicht die Absicht der Verf.
Urk. sei, über die Existenz oder Fortdauer von
Verpflichtungen Dritter einseitig zu verfügen,
sondern lediglich eine Verwahrung gegen eine
mögliche allzu extensive Auslegung der vorher-
gehenden Regel betr. die Aufbringung der für die
Volksschulen erforderlichen Mittel auszusprechen
(Stenogr. Ber. a. a. O., S. 1198).
2 Die amtl. Erläuter, des Min. v. Ladenberg
(S. 22—23) erklären die Abschaffung des Schul-
geldes für zweckmäßig und die Unentgelllichkeit
des Unterrichts in der Volksschule für eine Pflicht
der Gerechtigkeit, sobald die allgemeine Volksbil-
dung vom Staat nicht sowohl im Interesse des
Individuums als vielmehr der Gesamtheit, wie
sie sich in Gemeinde und Staat darstellt, ge-
fordert wird. — Bei der Revision des Art. 25
ist an diesem Grundsatze festgehalten worden, ob-
gleich die 1. K. beschlossen hatte, den Satz dahin
abzuändern, daß nur den Kindern unbemittelter
Eltern der Unterricht in der Volksschule unent-
geltlich erteilt werden solle (vgl. Stenogr. Ber.
der 1. K. 1849—50, Bd. III, S. 1057, 1081,
1240 und v. Rönne, Verf. Urk., Art. 25, S.
57—58).
Die Staatsregierung brachte in der Sitz. Per.
1868—69 den Entwurf eines Gesetzes ein, wel-
cher bezweckte, den letzten Satz des Art. 25 der
Verf. Urk. aufzuheben (vgl. diesen Gesetzentw. nebst
Begründung in den Drucks. des A. H. 1868—69,
Nr. 26 und in den Stenogr. Ber. dess. 1868—
69, Anl. Bd. 1, S. 197, Nr. 26). Auf den An-
trag der Komm. für das Unterrichtswesen (ogl.
deren Ber. v. 15. Jan. 1869 in den Drucks. a. a. O.,
Nr. 196 und in den Stenogr. Ber. a. a. O., Anl.
Bd. III, S. 1150, Nr. 196) lehnte jedoch das
Haus der Abgeordn. den Gesetzentw. ab (vgl. die
Verhandl. v. 9. u. 10. Febr. 1869 in den Stenogr.
Ber. des A. H. 1868—69, Bd. II, S. 1529—63).
In der Sitz. Per. 1869—70 brachte die Staats-
regierung denselben Gesetzentw. abermals ein (vgl.
Drucks. des A. H. 1868—69, Nr. 75 u. Stenogr.
Ber. dess. 1869—70, Anl. Bd. S. 408, Nr. 75),
doch wurde in dieser Sitz. Per. weder ein Komm.
Ber. darüber erstattet, noch fand eine Verhand-
lung in Plenum darüber statt.
3 Vgl. die angeführten amtl. Erläuter. S. 32. —
Die Worte: „ein festes, den Lokalverhältnissen
angemessenes Einkommen“ sind bei der Revision
an die Stelle der im zweiten Satze des Art. 23
der oktroy. Verf. Urk. v. 5. Dez. 1848 gebrauchten
(aus dem Art. 25 des Entw. der Zentralabt. der
Nat. Vers. beibehaltenen) Worte: „ein bestimmtes
auskömmliches Gehalt“ gesetzt worden (vgl. dar-
über den Ber. des Zentralaussch. der 1. K. in den
Stenogr. Ber. 1819—50, S. 1058 und die Be-
merkungen des Min. v. Ladenberg a. a. O.,
S. 1084—85 und in den Stenogr. Ber. der 2. K.
1849—50, Bd. III, S. 1253—54). Der Min.
v. Ladenberg erklärte später nach seiner Ent-
lassung (in der Sitz. der 1. K. v. 7. Mai 1851)
in dieser Beziehung, daß die Verf. Urk., an welcher
er Mitarbeiter gewesen, den Art. 25 dahin ver-
standen habe, daß den Lehrern eine solche Ein-
nahme gewährt werden solle, daß sie ihrem Stande
gemäß auskommen könnten, damit sie ihren Beruf
freudig erfüllten, was nur ein Lehrer könne, der
auskömmlich besoldet sei. Er fügte hinzu, daß
in diesem Sinne auch das Unterrichtsgesetz ent-
worfen gewesen sei, und bestritt die aufgestellte
Behauptung, daß die Verf. Urk. nicht ein völlig
ausreichendes Gehalt im Sinne habe (Stenogr.
Ber. der 1. K. 1850—51, S. 1466—67).