Volksschule und Mittelschule. (8. 138.) 281
eine geringere Zahl nicht ausreicht, und die Verhältnisse die Anstellung eines zweiten
Lehrers nicht gestatten, sowie da, wo andere Umstände es notwendig erscheinen lassen,
kann mit Genehmigung der Regierung die Halbtagsschule eingerichtet werden, für
deren Klassen zusammen wöchentlich 32 Stunden angesetzt werden.
4. Sind zwei Lehrer an einer Schule angestellt, so ist der Unterricht in zwei
gesonderten Klassen zu erteilen. Steigt in einer solchen Schule die Zahl der Kinder
über hundertundzwanzig, so ist eine dreiklassige Schule einzurichten. In dieser kommen
auf die dritte Klasse wöchentlich 12, auf die zweite Klasse wöchentlich 24, auf die erste
Klasse wöchentlich 28 Lehrstunden.
5. In Schulen von drei oder mehr Klassen, soweit dieselben nicht unter 4
fallen, erhalten die Kinder der unteren Stufe wöchentlich 22, die der mittleren 28, die
der oberen 30—32 Unterrichtsstunden.
6. Für mehrklassige Schulen ist rücksichtlich der oberen Klassen eine Trennung
der Geschlechter wünschenswert. Wo zwei Lehrer angestellt sind, ist eine Einrichtung
mit zwei, bzw. drei aufsteigenden Klassen derjenigen zweier nach Geschlechtern getrennten
Volksschulen vorzuziehen.
7. Wo an einem Orte mehrere einklassige Schulen bestehen, ist deren Vereinigung
zu einer mehrklassigen Schule anzustreben.
8. Das Schulzimmer? muß mindestens so groß sein, daß auf jedes Schulkind
ein Flächenraum von 0,6 Quadratmeter kommt; auch ist dafür zu sorgen, daß es hell
und luftig sei, eine gute Ventilation habe, Schutz gegen die Witterung gewähre und
ausreichend mit Fenstervorhängen versehen sei.5 Die Schultische und Bänke müssen in
ausreichender Zahl vorhanden und so eingerichtet und so aufgestellt sein, daß alle Kinder
ohne Schaden für ihre Gesundheit sitzen und arbeiten können.
9. Der Lehrer hat eine Schulchronik, ein Schulverzeichnis, einen Lehr-
bericht (Nachweisung der erledigten Unterrichtsstoffe) und eine Absentenliste (Liste über
die nicht erschienenen Schüler) regelmäßig zu führen.
10. Die Volksschule, auch die einklassige, gliedert sich in drei Abteilungen, welche
den verschiedenen Alters= und Bildungsstufen des Kindes entsprechen.
Wo eine Volks-
schule vier Klassen hat, sind der Mittelstufe zwei, wo sie deren sechs hat, jeder Stufe
zwei Klassen zuzuweisen.
11. Die Lehrgegenstände der Volksschule sind Religion ", deutsche 5 Sprache
(Sprechen, Lesen, Schreiben), Rechnen nebst den Anfängen der Raumlehre, Zeichnen,
Geschichte, Geographie, Naturkunde, und für die Knaben Turnen, für die Mädchen
weibliche Handarbeiten.“
III. Unter dem Namen von Bürger-, Stadt-, Rektor-, höheren Knaben= oder
Mittelschulen? ist in neuerer Zeit 8, namentlich in den Städten, eine beträchtliche
1 Hierzu Min. Erl. v. 29. Nov. 1873, Z. U. V.
1873, S. 357.
2 Uber Verwendung für andere Zwecke Min.
Erl. v. 17. Nov. 1903 (Z. U. V. S. 597) und
v. 7. Nov. 1904 (Z. U. V. S. 620).
3 Uber Waldschulen vgl. den Min. Erl. v.
5. Jan. 1906 (Min. Bl. f. Med. Angel. S. 70,
Z. U. V. S. 241).
4 Wegen der konfessionellen Verhält-
nisse der Volksschule (Grundsatz: Konfessions-
schule) vgl. V. U. G. v. 28. Juli 1906, Ss. 33
—42; dazu v. Bremen, Das Schulunterhal-
tungsgesetz?, 1908, S. 79—115.
5 Uber die Aufnahme fremdsprachlichen Unter-
richts in den Lehrplan der Volksschule vgl. den
Min. Erl. v. 8. Dez. 1876, Z. U. V. 1876, S. 688.
* Das Nähere über Lehrmittel, Lehrgegenstände
und über die Verteilung der einzelnen Gegen-
stände und Stufen vgl. in der Allgem. Verfüg.
v. 15. Okt. 1872, Nr. 9, 13—38. Uber die weitere
Einrichtung usw. der Volksschulen vgl. die bei
Hildebrandt-Quehl, 1908, S. 780 ff. ver-
zeichneten Min. Erlasse: Beseitigung der Armen-
schulen daselbst S. 786; Beschulung schwachbe-
gabter sowie blinder Kinder das. S. 786—792,
Nachtrag S. 276 f.; Simultanschulen das. S. 792
—794; Schulandachten und Schulgottesdienste
das. S. 794—796; Tabellen und Listen das. S.
796—799; die einzelnen Unterrichtsfächer das.
S. 799—868, Nachtrag S. 277—307; Heilkurse
für stotternde Kinder das. S. 869, Nachtrag S.
307; Mitwirkung der Schule zur Verhinderung
der Ausbreitung sozialistischer und kommunistischer
Ideen das. S. 869—878.
7Hildebrandt-Quehl, 1908, S. 879 ff.;
v. Bremen, S. 676fff., 736 ff.; Dirksen, Art.
Mittelschule in v. Stengel-Fleischmanns W. St.
V. R.##, Bd. II, 1913, S. e 4 „Die Mittel-
schule“, pädagog. Ztschr., 1887 ff.
41 Doch sricht schon das A. L. R., II, 12, §. 54