290 Unterrichtswesen. (§. 140.)
A) Die staatlichen Aufsichtsbehörden1 sind die Kreis= und Ortsschulinspektoren,
in gewissem Maße auch die Seminardirektoren und Landräte.
1. Die Kreisschulinspektoren? zerfallen in haupt= und nebenamtliche, je nach-
dem sie die Schulaufsicht im Hauptamt oder im Nebenamt ausüben.* Die Ernennung
aller (Orts= und) Kreisschulinspektoren und die Abgrenzung ihrer Bezirke gebührt aus-
schließlich dem Staate (Schulaufsichtsges. v. 11. März 1872, §. 2)." Das Amt der
Kreisschulinspektoren, welches früher zum größten Teile von den Superintendenten bzw.
von katholischen Dekanen (Erzpriestern) verwaltet wurde, wird jetzt nur denjenigen Per-
sonen anvertraut, von denen die Staatsregierung die Uberzeugung gewonnen hat, daß
sie den Staatsgesetzen Gehorsam leisten. Die größeren Städte pflegen besondere Schul-
aufsichtsbeamte anzustellen.
a) Die hauptamtlichen Kreisschulinspektoren ernennt der Minister auf Vorschlag
der Regierungen. Diese haben dabei in erster Linie ihr Augenmerk auf die Lehrer an
Lehrerbildungsanstalten sowie auf die Leiter größerer Volks= und Mittelschulen zu richten.
Die Anstellung selbst ist Sache des Unterrichtsministers. Dabei ist, soweit nötig, auch
die Anrechnung früherer Dienstzeit für den Fall der Pensionierung zu ordnen. Maß-
gebend ist hierbei der Grundsatz, daß dem Beamten der bis zu seiner Ubernahme in
den Schulinspektionsdienst in seiner früheren Stellung erdiente Pensionsanspruch auch in
dem neuen Amt gesichert wird.
nicht.
entschädigung.
festgelegt.7
schulinspektion unentgeltlich übernehmen.
Ein gesetzlicher Anspruch auf Anrechnung besteht jedoch
Die Kreisschulinspektoren erhalten eine feste Besoldung und eine Dienstaufwands-
Ihre Pflichten werden durch besondere provinzielle Instruktionen näher
Als einen Teil ihrer Amtsgeschäfte müssen sie unter Umständen die Orts-
lische Religionsunterricht übertragen (Art. 47 des
Edikts v. 9. Okt. 1838). Die Ortsschulkommission
(vgl. die Dienst-Instr. für die Ortsschulkommissio-
nen v. 30. Nov. 1838, Reg. Amtsbl. für Hessen-
Homburg v. 9. Dez. 1838, Nr. 49; Archiv der
landgräfl. hessischen Gesetze usw., S. 290, Nr.
191), welcher die unmittelbare Aufsicht über die
Elementarschule zustand, bestand aus dem Orts-
geistlichen der Konfession, für welche die Schule be-
stand, und dem Oberschultheißen als ständigen
Mitgliedern, sowie mehreren (in der Regel wenig-
stens zwei) Gemeindemitgliedern als unständigen,
von drei zu drei Jahren wechselnden, jedoch wieder
wählbaren Mitgliedern, welche der Amtsschul-
inspektor aus vier von den ständigen Mitgliedern
in Vorschlag zu bringenden selbständigen Familien-
vätern auszuwählen hatte (Art. 48 und 50 a. a.
O.). Der Amssschulinspektor, welchem die Auf-
sicht über sämtliche öffentliche wie Privatelemen-
tarschulen des Amtsbezirkes anvertraut war, wurde
von der Staatsregierung ernannt (Art. 53 a. a.
O.); dem Verwaltungsoberamte stand die Auf-
sicht über die Verwaltung des Schulvermögens,
über die Schulgebäude, sowie die Sorge für
die Befriedigung der ökonomischen Bedürfnisse
der Schulen überhaupt zu (Art. 55 a. a. O.).
Die Verordn. v. 19. Febr. 1850 (vgl. Reg. Bl.
für Hessen-Homburg v. 3. März 1850, Nr. 3, und
Arch. ufw., S. 491, Nr. 360) hatte hierzu noch
bestimmt, daß es bezüglich der Dirigenten und
ständigen Mitglieder der Ortsschulkommissionen
bei den Vorschriften des Schulges. v. 9. Okt.
1838 verbleiben solle, daß jedoch die unständigen
Mitglieder von dem Gemeindevorstande, soweit
es tunlich sei, aus dessen Mitte erwählt werden
sollten. — Selbstverständlich fand auch bezüglich
dieser Landesteile die Vorschrift des, für die
ganze Monarchie erlassenen Schulaufsichtsges. v.
11. März 1872 Anwendung, wodurch alle in
einzelnen Landesteilen bestehenden, diesem Gesetze
entgegenstehenden Bestimmungen für aufgehoben
erklärt wurden. Insbesondere galt dies für die-
jenigen Vorschriften, nach welchen den Super-
intendenten und den Predigern die Beaufsichtigung
des Schulwesens als Ausfluß ihrer kirchlichen
Amter und unmittelbar mit diesen verbunden
übertragen war. Es stand jedoch nichts entgegen,
die betreffenden Geistlichen als Schulinspektoren
im Auftrage des Staates zu bestellen bzw.
zu bestätigen.
1 v. Bremen, Preuß. Volksschule, S. 188 ff.;
Hildebrandt-Quehl, 1908, S. 12 ff., 42 ff.
2 Hildebrandt-Quehl, S. 12ff.
2 Im Jahre 1914 waren in Preußen von 1282
Kreisschulinspektoren 936 nebenamtlich angestellt
(Dirksen a. a. O., S. 836).
4 Vgl. §. 26 des Landschulregl. v. 12. Aug.
1763, 8§. 52 ff. des kathol. Schulregl. für Schlesien
v. 3. Nov. 1765, §. 52 des Regl. v. 18. Mai 1801,
Min. Erl. v. 22. Aug. 1823 (v. Kamptz, Ann.,
Bd. VII, S. 292), §. 38 Nr. 8, der rhein.=
westfäl. Kirchenordn. v. 5. März 1835 (a. a. O.,
Bd. XIX, S. 104), §§. 34, 35, 37 der Preuß.
Schulordn. v. 11. Dez. 1845.
* Min. Erl. v. 28. Aug. 1898 (Z. U. B. 1898,
S. 723). «
s Min. Erl. v. 21. Sept. 1891, Z. U. V. S.
662; v. 5. Jan. 1898, Z. U. V. S. 234; v. 22. Juni
1892, v. Bremen, Volksschule, S. 191f.;
v. 9. Sept. 1893, das. S. 193; v. 11. März 1897,
Z. U. V. S. 351. Vgl. überhaupt v. Bremen,
S. 189f.; Hildebrandt-Quehl, S. 12fff.
Hildebrandt-Quehl, S. 12 ff.
Min- Erl. v. 26. Sept. 1894, Z. U. V. 1894,