Aufsicht über Volksschule und Mittelschule. (S. 140.) 293
gehende oder sonst der dem Dienstalter nach älteste Ortsrabbiner ein. Die zuständigen
Kreisschulinspektoren nehmen an den Sitzungen der Schuldeputationen als Kommissare
der Schulaufsichtsbehörde teil und sind auf Verlangen jederzeit zu hören. Dem Ge-
meindevorstand bleibt es überlassen, den Stadtarzt und andere Gemeindebeamte zu den
Sitzungen der Schuldeputation mit beratender Stimme abzuordnen. Den Stadtgemeinden
bleibt es überlassen, durch Gemeindebeschluß mit Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde
die Zahl der in Nr. 1—4 bezeichneten Mitglieder abweichend festzusetzen. Wenn die
Zahl der zu 3 bezeichneten Mitglieder auf vier oder mehr festgesetzt wird, so müssen
darunter wenigstens zwei Rektoren oder Lehrer sein. In diesem Falle können an Stelle der
Lehrer auch Lehrerinnen gewählt werden. Wählbar sind die Lehrerinnen, die an einer
der Schuldeputation unterstellten Schule angestellt sind. (V. U. G., §. 44, I). Der
Tätigkeitsbereich der Schuldeputationen erstreckt sich örtlich auf sämtliche in der Stadtgemeinde
vorhandenen niederen und Privatschulen, sachlich auf Verwaltung 1 und Aufsicht. Die
Schuldeputationen handeln, soweit die Schulverwaltung in Frage kommt, als kom-
munale, soweit dagegen die Schulaufsicht in Frage kommt, als staatliche Behörden.
Im ersteren Falle hat die Schuldeputation als Organ des Gemeindevorstandes dessen
Anordnungen, im zweiten Falle als Organ der staatlichen Schulauffichtsbehörde deren
Weisungen Folge zu leisten.
2. Die Schulvorstände in den Landgemeinden und Gutsbezirken, deren Ein-
richtung auf das Allgemeine Landrecht zurückgeht, wurden allgemein eingeführt durch den
Runderlaß des Departements für den Kultus und den öffentlichen Unterricht v. 28. Okt.
1812.2 Danach sollte der Vorstand jeder Schule, wenn sie nicht königlichen Patronats
war, aus ihrem Patron, immer aber aus dem Prediger 3 und aus zwei bis vier Fa-
milienvätern in der Schulsozietät (darunter, wo möglich, dem Schulzen des Ortes) be-
stehen. Der Prediger sollte hauptsächlich für das Innere des Schulwesens Sorge tragen,
die Vorsteher für das Außere.4 Auf Grund dieser Anordnung erließen die Regierungen
spätere besondere, auf den Grundsätzen der ministeriellen Instruktion beruhende provin-
zielle Instruktionen für die Schulvorstände.? Die Regelung in den 1866 neu erwor-
benen Landesteilen der Monarchie war eine abweichende. Das neue V. U. G. v.
28. Juli 1906 hat auch diese Institution einheitlich für ganz Preußen geordnet. Da-
nach ist ein Schulvorstand einzusetzen in Landgemeinden und Gutsbezirken, welche einen
eigenen Schulverband bilden. Der Schulvorstand hat die der Gemeinde zustehenden An-
gelegenheiten der Volksschule zu verwalten und zugleich nach den näheren Anordnungen
der Schulaufsichtsbehörde für die äußere Ordnung im Schulwesen zu sorgen und die
Verbindung zwischen Schule und Elternhaus zu pflegen. Er besteht aus dem Gemeinde-
vorsteher (in der Provinz Westfalen und in der Rheinprovinz außerdem dem Amtmann
1 Doch bleibt den Gemeindeorganen nach den
Bestimmungen der Gemeindeverfassungsgesetze und
des V. U. G. vorbehalten: Die Feststellung des
Daher stehe den Gutsherren nur in ihrer Eigen-
schaft als Mitgliedern des Schulvorstandes über-
haupt eine Einwirkung auf die Schule zu, welche
Schulhaushalts, die Bewilligung der für die
Schule erforderlichen Mittel, die Verwaltung des
Schulvermögens, die vermögensrechtliche Ver-
tretung nach außen und die Anstellung der Be-
amten (V. U. G., §. 43, Abs. 1).
2 v. Rönne, Unterrichtswesen, Bd. I, S. 321 ff.
:s Über den Einfluß des Schulaussichtsges.
v. 11. März 1872 auf die Stellung des Geist-
lichen zum Schulvorstande vgl. den Min. Erl. v.
4. Juli 1882 (Z. U. V. 1882, S. 524, Nr. 73).
4 Uber die Stellung des Gutsherrn zur
Schule vgl. die Min. Erl. v. 19. Nov. 1865 (Min.
Bl. d. i. Verw. 1866, S. 5) und v. 14. Juli 1866
(#. a. O., S. 158). Diese erklären die Vorschriften
der §§. 12, 13, 22—25 A. L. R., II, 12 nicht
für aufgehoben, jedoch nur nach Maßgabe der
Min. Instr. v. 28. Okt. 1812 praktisch anwendbar.
sich im wesentlichen auf die gehörige Handhabung
der äußeren Ordnung der Schule beschränke,
während die Sorge für die inneren Angelegen-
heiten ausdrücklich dem Prediger sowie dem Super-
intendenten als Schulinspektoren vorbehalten sei.
5 Vgl. dieselben bei v. Rönne, Unterrichts-
wesen, Bd. I, S. 326 ff.
* Mit Ausnahme der im §. 46, Abs. 1 des
V. U. G. bezeichneten Angelegenheiten: Feststellung
des Schulhaushalts, Bewilligung der für die
Schule erforderlichen Mittel, Rechnungsentlastung,
vermögensrechtliche Vertretung nach außen. Dies
erfolgt in Landgemeinden, welche einen eigenen
Schulverband bilden, durch deren verfassungs-
mäßige Organe, nach Maßgabe der Landgemeinde-
ordnungen, in Gutsbezirken, die einen eigenen
Schulverband bilden, durch den Gutsvorsteher,
gegebenenfalls durch die Gutsvertretung.