Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Zweite Abteilung. (3_2)

Die Schullehrer. (8. 141.) 301 
drei von der Regierung als befähigt Bezeichneten. Ausgeübt wird das Wahlrecht in Ge— 
meinden durch den Gemeindevorstand nach Anhörung der Schuldeputation (des Schul— 
vorstandes) oder der Schulkommission, in Gutsbezirken und Gutsbezirksschulverbänden, wo 
der Gutsbesitzer allein die Schullasten trägt, von diesem nach Anhörung des Schulvor- 
standes, in den übrigen Gesamtschulverbänden und in denjenigen Gutsbezirken, in denen eine 
Unterverteilung der Schullasten stattfindet, durch den Schulvorstand. Die Gewählten be- 
dürfen der Bestätigung durch die Regierung und werden von ihr unter Ausfertigung der 
Ernennungsurkunde für den Schulverband angestellt. Die Bestätigung darf nur aus 
erheblichen Gründen versagt werden (§. 59).1 
3. Besonderes gilt für die Besetzung solcher Stellen, deren Inhabern Leitungs- 
befugnisse zustehen: Rektoren, Hauptlehrern usw. In diese Stellen sind solche Lehrer 
zu berufen, welche den besonderen, auf Gesetz oder rechtsgültigen Verwaltungsanordnungen 
beruhenden Voraussetzungen beruhen. Die Besetzung dieser Stellen erfolgt durch die 
Regierung, Abt. für Kirchen= und Schulsachen, nach Anhörung der besonderen Schul- 
organe (Schuldeputation, Schulvorstand, Schulkommission) (§. 60). 
4. Sonderbestimmungen sind getroffen zur Erhaltung bestehender weitergehender 
Lehrerberufungsrechte der Gemeindeorgane und Gutsherren; doch werden diese weiter- 
gehenden Rechte von den Organen des Schulverbandes ausgeübt (§. 61).2 
5. Wo mit dem Schulamt ein kirchliches Amt vereinigt ist, wird an dem be- 
stehenden Rechte hinsichtlich der Berufung zu dem kirchlichen Amte nichts geändert 
(§. 62, Abs. 3).“ 
6. Die Anstellung der Lehrer und Lehrerinnen an den Volksschulen in den Provinzen 
Westpreußen und Posen erfolgt nach den besonderen Vorschriften des Gesetzes v. 15. Juli 
1886 durch die Regierung nach Außerung des Gemeinde= bzw. Schulvorstandes über 
Einwendungen gegen die Person des zu Ernennenden. Doch ist für die Stadtkreise, für 
die solches beantragenden westpreußischen Städte mit mehr als 10.000 Einwohnern, so- 
wie für die Kreise Deutsch-Krone, Marienburg, Rosenberg und Elbing das frühere Er- 
nennungssystem maßgebend geblieben. 
V. Die Rechte und Pflichten der Lehrer.“ 
1. Die lebhaft umstrittene Frage nach der staatsrechtlichen Stellung, dem Beamten- 
charakter der Lehrer ist dahin zu beantworten, daß die Lehrer nicht Gemeindebeamte, 
auch nicht mittelbare Beamte, sondern unmittelbare Staatsbeamte sind.7 
2. Als Beamte haben die Lehrer die besonderen Rechte und Pflichtens der Be- 
amten, also einerseits das Recht auf Titel und Rang?, auf besonderen strafrechtlichen 
Schutz, auf Besoldung, Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung, anderseits die Pflicht 
zur Erfüllung der Amtsverrichtungen, zu Treue und Gehorsam, zu achtungswürdigem 
Verhalten, zur Innehaltung der Beschränkungen betr. Nebenbeschäftigung 10 und Geschenk- 
annahme. Die Volksschullehrer (nicht auch die Mittelschullehrer) genießen Vorrechte in 
militärischer 11 und steuerlicher 12 Beziehung. 
Dagegen sind sie benachteiligt auf dem Ge- 
  
1 Nach zweimaliger Nichtbestätigung sowie bei 
disziplinarischer Versetzung im Interesse des Dien= 
stes tritt die unmittelbare Ernennung des Lehrers 
ein (V. U. G. §§. 59, Abs. 5; 62, Abs. 1). 
2 v. Bremen a. a. O., S. 180—182. 
3 v. Rönne in der 4. Aufl., Bd. IV, S. 695, 
Note 3 (von S. 694) zub; v. Bremen a. a. O., 
S. 183, Note 3; ders., Preuß. Volksschule, S. 
389 ff. 
4 Hildebrandt-Quehl, S. 346—350. 
5 G. S. 1886, S. 185. 
6Hildebrandt-Quehl, S.362 ff.; v. Bre- 
men, Preuß. Volksschule, S. 373 ff.; Dirksen, 
Art. Lehrer, a. a. O., S. 768 ff. 
!7 Anschütz, Verf. Urk. I, S. 418 ff.; Giese, 
Der Beamtencharakter der preuß. Volksschullehrer, 
in der Festschrift für Ernst Zitelmann, 1913; 
  
Felsch, Die Rechtsstellung der Gemeindevolks- 
schullehrer in Preußen, Diss., Greifswald 1908; 
Dirksen, Art. Lehrer, a. a. O., S. 768. 
s Hildebrandt-Quehl, S. 367ff.; Nach- 
trag S. 120 ff. 
* Über Ordensverleihungen und Auszeich- 
nungen vgl. Hildebrandt-Quehl, S. 545 ff.; 
Nachtrag S. 192. 
10 Hildebrandt-Quehl, S. 409 ff.; Nach- 
trag S. 126. 
11 Vgl. Deutsche Wehrordn. v. 22. Nov. 1888, 
§. 9: Aktive Dienstzeit der Volksschullehrer usw. 
(Möglichkeit früherer Beurlaubung zur Reserve); 
Hildebrandt-Quehl, S. 389 ff., Nachtrag S. 
125; v. Bremen, Volksschule, S. 383 ff. 
12 Das sog. Kommunalsteuerprivileg gemäß dem 
Gesetz, betr. die Heranziehung der Beamten, Elemen-
	        
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