Nebenanstalten der Volksschule. (S. 144.) 311
jenigen Teilbetrages der durch notwendige Bauten (für Volksschulzwecke ausschließlich des
Grunderwerbs) entstandenen Kosten, welcher im Etatsjahre 500 Mark für die Schul-
stelle überstiegen hat.: Die Erstattung fällt fort, wenn der Aufwand dadurch entstanden
ist, daß der Schulverband seine Gebäude nicht mit der gebotenen Sorgfalt unterhalten
hat. Streitigkeiten über die Erstattung entscheidet der Kreis-(Bezirks-Ausschuß, auf Be-
schwerde der Provinzialrat (§. 17).
3. Endlich werden zur Unterstützung unvermögender Schulverbände mit
höchstens 25 Schulstellen bestimmte Summen alljährlich im Etat bereit gestellt und nach
näherer Vorschrift des Gesetzes auf die Provinzen, auf die Kreise und auf die einzelnen
Schulverbände verteilt. Wegen der außerordentlich komplizierten Verteilung ist auf die
§§. 19—23 des V. U. G. zu verweisen.?
VI. Über nicht auf Bauten oder Pensionierungen bezügliche Anforderungen, die
durch neue oder erhöhte Leistungen der Unterhaltungspflichtigen zu gewähren sind, be-
schließt mangels Einverständnisses der Verpflichteten der Kreis= bzw. Stadtausschuß, wo-
gegen binnen zwei Wochen die Beschwerde an den Provinzialrat zulässig ist (Ges. v.
26. Mai 1887, §§. 2, 3). lÜber die Anordnung von Bauten bei Volksschulen und
über die Aufbringung und Verteilung der Kosten beschließt die Aufsichtsbehörde; gegen
ihren Beschluß ist die Klage im Verwaltungsstreitverfahren zulässig, bei deren Entschei-
dung jedoch die allgemeinen Anordnungen über die Ausführung von Schulbauten maß-
gebend bleiben (Zuständigkeitsgesetz, §§. 47, 49).
8. 144.
VII. Nebenanstalten der Volksschule.
Die Nebenanstalten der Volksschule sind teils solche, welche zu ihrer Ergänzung
dienen, teils solche, welche für einzelne Klassen von Kindern an be Stelle der gewöhn-
lichen Volksschule treten und diese zu ersetzen bestimmt sind. Zu den ersteren gehören
die Kleinkinderbewahranstalten, zu den letzteren alle diejenigen Einrichtungen, welche die
Sorge für Blinde und Taubstumme hervorgerufen hat. An diese reihen sich noch die
besonderen jüdischen Schulen an. Die staatliche Einwirkung hat sich in diesen Bezie-
hungen nicht auf umfassende Organisationen gerichtet, sondern fast alles der Tätigkeit der
Gemeinden und Privaten überlassen und nur fördernd und unterstützend eingegriffen.
1. Die Kleinkinderbewahranstalten verfolgen zugleich Zwecke der ersten Er-
ziehung und der Gesundheitspflege. 3
2. Die Beschulung blinder und taubstummer Kinder" regelt heute das Ge-
setz v. 7. Aug. 1911.5 Da blinde und taubstumme Kinder vom Besuche der Volks-
schule kaum Nutzen haben, muß ihnen ein anderweitiger Ersatz zu ihrer geistigen und
religiösen Bildung geboten werden. „Daher muß es als eine Ehrenpflicht des Staates
betrachtet werden, im Wege der Gesetzgebung dafür zu sorgen, daß die unter schwerem
Schicksal leidenden Menschen eine dem Grade ihrer Bildungsfähigkeit entsprechende Unter-
weisung erhalten und so zu nützlichen und zufriedenen Gliedern der Gesellschaft erzogen
werden.““ Danmit dieses Ziel wirksam ereicht werde, begründet das Gesetz v. 7. Aug.
1 Über die Verechnung dieses staatlichen Bau-
kostendrittels vgl. den Min. Erl. v. 7. Jan. 1911
(Z. U. V. 1911, S. 273); vgl. ferner zu §. 17 die
Min. Erl. v. 11. Jan. 1911 (Z. U. V. S. 275),
v. 26. Juni 1911 (Z. U. V. 1911, S. 471), v.
24. Sept. 1910 (Z. U. V. S. 866); v. Rohr-
scheidt im Volksschularchiv 1912, S. 6.
2 Min. Erl. v. 11. März 1910 (Z. U. V. S.
430, 441).
3 Vgl. darüber v. Rönne, Unterrichtswesen,
Rd. I, S. 865 ff.; Min. Erl. v. 13. Nov. 1885
(v. Bremen, Volksschule, S. 354), v. 10. Juli
1884 (3. U. V. S. 839).
4 Das Blinden= und Taubstummennnterrichts-
wesen untersteht den Provinzialschulkollegien.
5 G. S. 1911, S. 168. Dazu die Begründung
zum Gescgentwurfke (Drucks. des H. H., Session
1911, Nr. 13) und Giese im Jahrb. d. öffentl.
R. d. G., Bd. VII, 1913, S. 151—153. Die
Ausführungsanweisung erging am 21. Dez. 1911
(Z. U. V. 1912, S. 233); Min. Erl. v. 11. Mai
1912 (M. Bl. f. Med. Ang., S. 219).
6 Begründung zum Gesetzentwurf a. a. O.,
S. 7f.