Vorwort.
Die vierte Auflage des von Rönneschen Staatsrechts der Preußischen Monarchie,
für welche nach dem dem ersten, 1881 erschienenen Bande vorausgeschickten Vorworte
ein Umfang von fünf Bänden in Aussicht genommen war, ist bis jetzt unvollendet
geblieben. Im Hinblick auf die damals bevorstehenden Veränderungen in der Gesetz-
gebung schloß von Rönne sein Werk mit dem 1884 erschienenen vierten Bande vor-
läufig ab und stellte das Erscheinen des fünften Bandes, welcher das Verfassungs-
und Verwaltungsrecht der preußischen Kommunalverbände enthalten sollte, erst später
in Aussicht. Leider ist es dem um die Kenntnis des preußischen Staats= und Ver-
waltungsrechtes hochverdienten Manne jedoch nicht mehr vergönnt gewesen, sein
Versprechen einzulösen; der Tod hat ihn seinen Arbeiten entrissen.
Die Bedenken, welche von Rönne zu Anfang der achtziger Jahre veranlaßt
haben, von einer Bearbeitung der gedachten Rechtsdisziplin Abstand zu nehmen, sind
inzwischen gehoben. Die damals in Aussicht stehende Reformgesetzgebung ist seither
durchgeführt. Auch in den westlichen Provinzen und den neuerworbenen Landesteilen
ist mit dem ständischen Prinzipe gebrochen; die moderne Kreis= und Provinzial-
verfassung der östlichen Provinzen ist allmählich auf den ganzen Staat ausgedehnt,
nur in Posen und in den Hohenzollernschen Landen haben sich noch Reste der alten
ständischen Verfassung erhalten. Die früher vielfach sehr unklaren, teils durch lokales
Herkommen, teils durch einzelne zerstreute Rechtsvorschriften bestimmten kommunalen
Verhältnisse des platten Landes in den östlichen Provinzen haben durch eine neue
Landgemeindeordnung, welche dann auch auf Schleswig-Holstein ausgedehnt worden
ist, eine einheitliche gesetzliche Grundlage erhalten. Endlich hat das Kommunal=
abgabenwesen, welches bis vor kurzem in den einzelnen Landesteilen sehr verschieden
und höchst unvollkommen geregelt war, neuerdings eine einheitliche und umfassende
gesetzliche Kodifikation erfahren. Größere gesetzliche Umwälzungen sind für die nächste
Zeit auf dem in Betracht kommenden Rechtsgebiete nicht zu erwarten. Auch die
von der Regierung in Aussicht genommene Landgemeindeordnung für Hessen-Nassau,
welche durch Beseitigung mehrerer älterer, aus vorpreußischer Zeit stammender Ge-
setze in erheblichem Maße zu einer gleichheitlicheren Gestaltung unseres, für einen
Einheitsstaat noch immer überaus buntscheckigen Gemeindeverfassungsrechts beitragen
wird, dürfte voraussichtlich prinzipielle Neuerungen nicht enthalten. Der Zeitpunkt
für eine Bearbeitung des Rechts der preußischen Kommunalverbände scheint also
gekommen.
Daß aber auch außerhalb des Rahmens des von Rönneschen Staatsrechts ein
Bedürfnis nach einer solchen vorhanden ist, braucht wohl kaum erwähnt zu werden,
da zur Zeit keine einzige Arbeit existiert, welche das geltende Recht umfassend und
erschöpfend zur Darstellung bringt. Die wenigen vorhandenen systematischen Dar-
stellungen beschäftigen sich durchweg nur mit einzelnen Arten der Kommunalverbände,