Kreisgemeinden; geschichtliche Entwickelung der Kreisgemeinden. (8. 101.) 361
Samtgemeindevertretung, bestehend aus gewählten Mitgliedern des Verbandes,
ist nur vorgesehen für die Prüfung und Verteilung gemeinsamer Ausgaben und für die
Abnahme der Rechnungen über die Verwendungen.! Die weitere Verfassung der Samt-
gemeinde ist durch ein Statut zu regeln, welches der Bestätigung des Kreisausschusses
bedarf. In diesem sind unter anderem Bestimmungen zu treffen über die Kompetenz
der Samtgemeinde und über ihr Verhältnis zu den Einzelgemeinden und Gütern?,
insbesondere darüber, ob in den gemeinschaftlichen Angelegenheiten die Samtgemeinde
als solche beschließt, oder jede Einzelgemeinde eine Stimme hat.
II. In dem Regierungsbezirk Kassel können Landgemeinden auf ihren Wunsch
oder, wenn es ihnen an Personen und Mitteln für eine gute Ortsverwaltung fehlt, auf
Antrag des Regierungspräsidenten durch königliche Anordnung zu einem Bürgermeisterei-
bezirk vereinigt werden. Die Organisation desselben soll im allgemeinen der einer
Einzelgemeinde entsprechen. Nähere Vorschriften über Gemeindeverbände enthält die
kurhessische Gemeindeordnung nicht."
Dritter Abschnitt.
Die Kreisgemeinden.
Erstes Kapitel.
Geschichtliche Entwickelung der Kreisgemeinden.
§. 101.
I. Die Entwickelung bis zum Anfange dieses Jahrhunderts.
I. Die preußische Kreisverfassung hat sich zunächst in der Mark Brandenburg
als ein Ausfluß dortiger ständischer Verhältnisse entwickelt. Die erste Veranlassung zur
Bildung der Kreisverbände gaben die Wahlen zu den Ausschußtagen der Landstände.
Wurden ursprünglich zu jeder Beratung oder Steuerbewilligung die gesamten Landstände,
bestehend aus den Rittergutsbesitzern und aus Vertretern der Immediatstädte berufen,
so bildete sich doch bereits früh die Sitte heraus, zur Beratung minder wichtiger An-
gelegenheiten nur einen Ausschuß der Stände zu berufen, welcher aus Abgeordneten der
Ritterschaft und Vertretern der größeren Städte bestand. Diese vertraten auf den
Ausschußtagen zugleich die kleinen Immediatstädte, jene waren bei jeder Einberufung
von den Rittern neu zu wählen. Behufs Vornahme dieser Wahlen mußte das Land
der zum Verbande zusammentretenden Gemein-
den und Güter, die mangels gütlicher Einigung
durch den Kr. A. zu erfolgen hat, vgl. M. Bek.,
§. 3, u. hann. Ges. v. 5. Sept. 438 8. 13, bei
v. Brauchitsch, a. a. O., S. 4
1 M. Bek., F. 5, u. hann. * v. 5. Sept.
1848, s. 21, beiv. Branchitsche a. O., S. 50.
2 M. Bek., 88. 6—–S#
2 L. G. O. hann., 20.
4 G. DO. kurh., §. 8.
5 Litteratur: Rauer, Die ständische Gesetz-
gebung des preuß. Staates, Tl. I u. II (Berlin
1845); Neue Folge, Tl. I u. II (Berlin 1852).
— Derselbe, Neuere ständische Gesetzgebung der
preußischen Staaten (Berlin 1859). — v. Lanci-
zolle, Königtum und Landstände in Preußen
(1846). — Derselbe, Rechtsquellen für die gegen-
wärtige landständische Verfassung in Preußen
mit Einschluß der Landtagsabschiede (Berlin
1847). — v. Möller, Das Recht der preußi-
schen Kreis= und Provinzialverbände (Breslau
1866). — E. Meier, Reform der Verwaltungs-
organisation unter Stein und Hardenberg. S. 98 ff.
(bier auch weitere Litteraturangaben) u. S. 357 ff.
— Bornhack, Geschichte des preuß. Verwal-
tungsrechts, I. S. 267 ff.; II, S. 24 ff., 156 ff.,
289ff.; III. S. 50 ff. — Derselbe, Preuß. Staats-
recht, II, S. 251—261. — v. Rönne, Staats-
recht d. preuß. Monarchie, 4. Aufl., III (1883),
S. 303 ff. (daselbst Anm. 5 Angaben von älterer
Litteratur über das Landratsamt); 3. Aufl., I.
2. Abt. (1870), S. 545—585. — v. Stengel,
Die Organisation der preuß. Verwaltung, S. 62ff.
u. 84 ff. — Schulze, Preuß. Staatsrecht, I,
S. 497 ff.