Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

384 Dritter Abschnitt. (8. 108.) 
walteten Gemeinden des Kreises. In Westfalen und in der Rheinprovinz besteht 
er aus den ehemals auf dem Kreis- bezw. Provinziallandtage im Städtestande vertretenen 
und den später mit der Städteordnung beliehenen Gemeinden, in Hannover und im 
Regierungsbezirk Kassel aus den früher auf dem Kreis= oder Provinzial-(bezw. Kom- 
munal-) Landtage im Städtestande vertretenen und endlich im Regierungsbezirk Wies- 
baden aus den in der Kreisordnung ausdrücklich genannten Gemeinden. 1 
3) Der Wahlverband der Amtsverbände in Westfalen umfaßt alle Amts- 
verbände, der Wahlverband der Landbürgermeistereien in der Rheinprovinz 
alle Bürgermeistereien des Kreises. In den übrigen Provinzen bestehen die Wahl- 
verbände der Landgemeinden: 
a) aus sämtlichen Gemeinden des Kreises, welche nicht zum Wahlverbande der 
Städte gehören; 
b) aus sämtlichen Besitzern selbständiger Güter? mit Einschluß der juristischen 
Personen, Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, welche nicht zum 
Verbande der größeren Grundbesitzer gehören, und 
Jc) aus denjenigen Gewerbetreibenden und Bergwerksbesitzern, welche wegen ihrer 
auf dem platten Lande innerhalb des Kreises betriebenen gewerblichen Unternehmungen 
zur Gewerbesteuer in den Klassen I oder II unter einem Steuerbetrage von 300 Mark 
veranlagt sind. 
III. 1) Die Verteilung der in einem Kreise zu wählenden Abgeordneten auf die 
einzelnen Wahlverbände erfolgt nach folgenden Grundsätzen: Zunächst wird die Zahl 
der auf die Städte entfallenden Abgeordneten nach dem durch die letzte allgemeine 
Volkszählung ermittelten Verhältnis der städtischen zur ländlichen Bevölkerung fest- 
gestellt, jedoch darf die Zahl der städtischen Abgeordneten die Hälfte, und in Kreisen, 
in welchen nur eine Stadt vorhanden ist, ein Drittel der Gesamtzahl aller Abgeord- 
neten nicht übersteigen. Von der nach Abzug der städtischen Abgeordneten übrigbleiben- 
den Gesamtzahl der Kreistagsabgeordneten erhält jeder der beiden anderen Verbände die 
Hälfte. Voraussetzung dafür, daß der Wahlverband der Großgrundbesitzer die hiernach 
auf ihn entfallende Zahl von Abgeordneten wählen darf, ist, daß er in den östlich en 
Provinzen mindestens ebenso viel, in den übrigen Provinzen mindestens die dop- 
pelte Zahl Wahlberechtigter enthält; ist dies nicht der Fall, so erhält er nur eine der 
Zahl seiner Wahlberechtigten resp. der Hälfte derselben gleiche Zahl Abgeordneter zur 
Wahl; diese Zahl soll jedoch in Westfalen, Hannover und den Regierungsbezirken 
Aachen, Köln, Düsseldorf und Kassel mindestens ein Drittel, in Schleswig- 
Holstein und in den Regierungsbezirken Koblenz, Trier und Wiesbaden mindestens 
ein Viertel der auf beide ländlichen Wahlverbände entfallenden Abgeordnetenzahl betragen, 
dabei aber höchstens der Anzahl der in diesem Verbande Wahlberechtigten" gleich- 
kommen. Diejenige Zahl von Abgeordneten, welche hiernach dem Wahlverbande der 
Großgrundbesitzer von der auf ihn entfallenden Hälfte abgeht, kommt dem Wahlverbande 
der Landgemeinden zu gute. Ergeben sich bei den vorzunehmenden Berechnungen 
  
1 Kr. O. ö., §. 88; schlesw.-holst., S. 74; w. 
u. rh., §. 37; hann., §. 44; hess.-nass., §. 45. 
Die hiernach den Wahlverband der Städte im 
Reg. Bez. Wiesbaden bildenden Gemeinden 
sind die oben S. 62 ff. unter Z. Ga u. b auf- 
gezählten. 
: Selbständig sind diejenigen Güter, welche 
einen selbständigen Gutsbezirk bilden. Sind in 
einem selbständigen Gutsbezirk infolge von Ab- 
verkäufen und Zerstückelungen mehrere Besitzer 
vorhanden, so ist nur der Besitzer des Restgutes 
stimmberechtigt. Vgl. Art. 3 der Instr. u. Z. 8 
des Cirk. v. 10. März 1873 (v. Brauchitsch, 
II, S. 310 ff.) und die entsprechenden Stellen 
in den Ausf. Instr. zu den anderen Kr. Ordugn., 
auch O. V. G., I, S. 102. 
2 Kr. O. w. u. rh., §. 36; ö., §. 87; hann., 
8. 43; hess.-nass., §. 44; schlesw.-holst., §. 73 
  
Gew. St. G., §. 80. In Schleswig-Holstein 
treten in denjenigen Kreisen, in welchen der 
Wahlverband der Großgrundbesitzer fehlt (voran- 
gehende Seite am Anfang), die Gewerbetreiben- 
den und Bergwerksbesitzer (ch dem Wahlver- 
band der Landgemeinden nicht hinzu. In 
Hessen= Nassau nehmen auch an diesem 
Wahlverbande die oben unter 1 a bezeichneten 
Gemeinden und ihnen gleichgestellten Verbände, 
nicht teil. 
Kr. O. ö., §§. 89, 90; w. u. rh., 88. 38, 
39; hann., §§. 45, 46; hess.-nass., §§. 46, 47; 
schlesw.-holst., §§. 75, 76. Besondere Vorschriften 
gelten für die Kreise Eckernförde, Oldenburg 
und Plön und für die Kreise Eiderstedt, Husum, 
Norder= und Süderdithmarschen; vgl. S. 75 cit., 
Z. 2 u. 3. 
5 O. V. G., XVII, S. 9.
	        
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