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Fürst Bismarck aus), „gewissermaßen der deutsche Unterstaats-
sekretär des Finanzministers, mit dem ich direkt verkehre.“ Der
preußische Finanzminister sollte dann mehr wie bisher die Ge-
setzesvorlagen des Finanzressorts vor dem Reichstage vertreten.
Dem etwaigen Einwand, daß dann der Reichsschatzsekretär über-
flüssig wäre, begegnete der Kanzler mit dem Hinweis, daß dieser
zu einer Vermittlung zwischen den Präsidial- und preußischen
Anschauungen und den Anschauungen der übrigen Staaten be-
rufen sei. Diese brauchten dann wegen einer Auskunft nicht
mit dem preußichen Ministerium zu verkehren, sondern könnten
in ihrem eigenen Reichsbureau den Beamten finden. Die Be-
deutung des Unterstaatssekretärs im Sinne Bismarcks bestände
nach dem Worten Hänels im Reichstage darin, „daß er
gleichsam die Reichsfirma bilde, an die man sich lieber wende
von seiten der Mitglieder des Bundesrats als an ein preußisches
Ministerium“.
Eine derartige Organisation würde vom Standpunkt des
Reichsgedankens aus einen Rückschritt und eine Stärkung des
Partikularismus in der Reichsverwaltung bedeutet haben. Der
Schwerpunkt der Verwaltung der Reichsfinanzen würde in das
preußische Ministerium verlegt worden sein. Es wäre die Unter-
ordnung der deutschen Reichsverwaltung unter die stetige Kon-
trolle der preußischen gewesen ?. Es würde aber auch staatsrecht-
lich eine kaum lösbare Schwierigkeit bei dieser Ressortverwicklung
geschaffen worden sein®). Der preußische Finanzminister, dem
materiell die Entscheidung über Reichgesetzentwürfe überwiesen
werden sollte, war nur dem preußischen Landtag und nicht dem
Reichstag verantwortlich, Er war zwar Mitglied des Bundes-
rats, stand aber in keinerlei organischem Zusammenhang mit
1) Rede im Reichstage am 5. März 1878 (Stenogr. Berichte über die Verhand-
lungen des D. Reichstags, 3. Leg.-Per., 2. Sess., 1878, Bd. I, S. 345).
2) Vgl. Hänel im Reichstage a. a. O. S. 792.
3) Dieser Vorschlag begegnet bei den Beratungen über den Nachtrag zum Reichs-
haushalt für 1878/79 einer lebhaften Kritik (Sten. Ber. 1878, Bd. II, S. 788 ff.).