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votum gegen den Kanzler bekunden sollte Nicht eine Er-
weiterung der Kompetenz des Bundes bezwecke der Antrag,
wie Twesten!) in der Begründung hervorhob, sondern er wolle
nur Ordnung und Stetigkeit herbeiführen; es handele sich „um
das Fundament jedes geordneten Staatswesens, um eine regel-
mäßige Regierungsgewalt, und für die modernen Staaten ist
bisher keine andere Form der Regierung gefunden, die sich auf
die Dauer bewährt hätte, als die Form eines verantwortlichen
Ministeriums“,
Der Mitantragsteller Graf zu Münster ging weiter. Er wollte
durch den Antrag ein Aenderung der Bundesverfassung in uni-
tarischer Richtung [eine monarchische Spitze, „aus der nachher die
Bundesministerien und alles von selbst folgt“ 2)}] erzielen.
Darum wendete sich hauptsächlich gegen ihn der sächsische
Minister von Friesen ?).
Der Bundeskanzler Graf Bismarck) bekämpfte den Antrag
als ein unverdientes Todesurteil gegen die Bundesregierungen, die
ihre Stellung im Bundesrat doch nicht partikularistisch mißbraucht
hätten 5), und als den Süddeutschen den Zutritt verschließend, als
„eine zweifellose Vertiefung des Mains als Grenze“. Mit Ent-
schiedenheit sprach sich der Kanzler gegen die kollegiale Minister-
verfassung aus‘), gab seiner Rede einen auffallend versöhnlichen
Schluß, versicherte, daß ihm jede Empfindlichkeit gegen die Tendenz
und die Unterzeichner des Antrags fern sei, und daß er sich mit
allen über das Ziel einig sei, daß man über die Mittel und Wege
ı) Bezold, Bd. IH, S. 1133 f.
2) Bezold, Bd. IIL. S. 1139.
3) Bezold, Bd. III, S. 1155 £.
4) Bezold, Bd. II, S. 1165 ff.
5) Der weimarische Minister v. Watzdorf nahm Bezug auf eine Acußerung, daß
die deutschen Kleinstaaten kein Interesse hätten, dem Antrage entgegen zu sein und
gab das auch zu mit den Worten: — „wenn diese Staaten lediglich ihr individuelles
Interesse im Auge behalten wollten, so möchte das wobl wahr sein“ (Bezold, Bd. III,
S. 1186).
6) Bezold, Bd. III, S. ıız7of., 1176.