Full text: Die Reichsregierung.

— 50 — 
Und in der Tat läßt sich nicht bestreiten, daß die Eigenart 
des Bundesrats und seine Stellung im Organismus des Reichs der 
Lösung des Problems der Reichsregierung erhebliche Schwierig- 
keiten entgegensetzt. 
Die Verwaltung von zur Kompetenz des Reichs gehörigen 
Angelegenheiten wird geführt zum Teil durch Reichsbehörden, 
zum Teil durch den Bundesrat bezw. seine Ausschüsse und endlich 
durch Behörden der Einzelstaaten. 
Man hatte dem Bundesrate Verwaltungsbefugnisse (insbe- 
sondere eine Verordnungsgewalt) eingeräumt und einzelne seiner 
Ausschüsse als Verwaltungsorgane gestalten wollen. Diese Idee war 
nicht mit voller Klarheit durchdacht und würde in ihrer weiteren 
Durchbildung als eine Art föderativer Fachministerialkollegien 
einen starken Rückschritt gegenüber der modernen Entwicklung 
bedeutet haben. 
Denn gerade die Erkenntnis der Schwerfälligkeit und Mängel 
der alten Zentralkollegien hatte im Beginn des ı9. Jahrhunderts an 
der Stelle des alten Hofrats, der Hofkammer, des Hofkriegsrats, 
des geistlichen Rats!) das Ministerium des Innern, der Finanzen, 
des Kriegs, des Kultus gesetzt mit ihrer einheitlichen Spitze und 
an Stelle des Geheimen Rats vielfach das Staatsministerium. 
Es waren bei der Reichstagsberatung der Verfassung des 
Norddeutschen Bundes im Jahre 1867 zwei Anschauungen über 
die Verwaltung des Bundes, die nach Geltung rangen. Die eine, 
von der Regierungsbank vertretene, wollte, daß die ganze Ver- 
waltung des Bundes Preußen, dem Bundesrat und seinen Aus- 
schüssen, sowie den Einzelstaaten übertragen werden sollte, so daß 
für den Kanzler nur noch Befugnisse der Geschäftsleitung und 
der Aufsicht verblieben wären. 
Die andere Anschauung hat schon damals nach der Kom- 
petenzverteilung die Entwicklung einer neben dem Bundesrat und 
ı) Vgl. über diese Zentralbehörden in den deutschen Staaten Rosenthal, Ge- 
schichte des Gerichtswesens und der Verwaltungsorganisation Baierns, Würzburg 
1889/1906, Bd. I, S. 409 ff., Bd. II, S. 223 ff., bes. S. 267 ff., 330, 349 ff., 391, 4o2 ff.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.