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Und in der Tat läßt sich nicht bestreiten, daß die Eigenart
des Bundesrats und seine Stellung im Organismus des Reichs der
Lösung des Problems der Reichsregierung erhebliche Schwierig-
keiten entgegensetzt.
Die Verwaltung von zur Kompetenz des Reichs gehörigen
Angelegenheiten wird geführt zum Teil durch Reichsbehörden,
zum Teil durch den Bundesrat bezw. seine Ausschüsse und endlich
durch Behörden der Einzelstaaten.
Man hatte dem Bundesrate Verwaltungsbefugnisse (insbe-
sondere eine Verordnungsgewalt) eingeräumt und einzelne seiner
Ausschüsse als Verwaltungsorgane gestalten wollen. Diese Idee war
nicht mit voller Klarheit durchdacht und würde in ihrer weiteren
Durchbildung als eine Art föderativer Fachministerialkollegien
einen starken Rückschritt gegenüber der modernen Entwicklung
bedeutet haben.
Denn gerade die Erkenntnis der Schwerfälligkeit und Mängel
der alten Zentralkollegien hatte im Beginn des ı9. Jahrhunderts an
der Stelle des alten Hofrats, der Hofkammer, des Hofkriegsrats,
des geistlichen Rats!) das Ministerium des Innern, der Finanzen,
des Kriegs, des Kultus gesetzt mit ihrer einheitlichen Spitze und
an Stelle des Geheimen Rats vielfach das Staatsministerium.
Es waren bei der Reichstagsberatung der Verfassung des
Norddeutschen Bundes im Jahre 1867 zwei Anschauungen über
die Verwaltung des Bundes, die nach Geltung rangen. Die eine,
von der Regierungsbank vertretene, wollte, daß die ganze Ver-
waltung des Bundes Preußen, dem Bundesrat und seinen Aus-
schüssen, sowie den Einzelstaaten übertragen werden sollte, so daß
für den Kanzler nur noch Befugnisse der Geschäftsleitung und
der Aufsicht verblieben wären.
Die andere Anschauung hat schon damals nach der Kom-
petenzverteilung die Entwicklung einer neben dem Bundesrat und
ı) Vgl. über diese Zentralbehörden in den deutschen Staaten Rosenthal, Ge-
schichte des Gerichtswesens und der Verwaltungsorganisation Baierns, Würzburg
1889/1906, Bd. I, S. 409 ff., Bd. II, S. 223 ff., bes. S. 267 ff., 330, 349 ff., 391, 4o2 ff.