— 51 —
neben den Einzelstaaten hergehenden selbständigen Bundesver-
waltung vorausgesehen!. Diese Entwicklung wurde vom Fürsten
Bismarck anerkannt, der sich ı878°) im Reichstag gegen den
Abgeordneten v. Kleist-Retzow wandte, als dieser für die
Führung der ganzen Reichsverwaltung durch die preußischen
Ministerien eingetreten war ?).
Freilich ist die verwaltungsrechtliche Stellung des Bundes-
rats, des Organs zur Ausübung der Reichssouveränität, schon
dadurch stark beschränkt, daß er, was Laband als charakte-
ristisch für den Bundesrat hervorhebt, „immer nur beschließen,
niemals handeln, befehlen, verfügen kann®).“ Es fehlt ihm also
die exekutive Gewalt im engeren Sinne). Im allgemeinen werden
die zur Ausführung der Beschlüsse des Bundesrats erforderlichen
Verfügungen vom Reichskanzler getroffen 9).
Zumeist werden die Bundesratsbeschlüsse durch die Re-
gierungen der Einzelstaaten, denen sie bekannt gegeben werden,
zum Vollzug kommen, teilweise wird die Durchführung der Bundes-
ratsbeschlüsse dem Reichskanzler ‘) und den Reichsbehörden, ver-
1) Vgl. die treffenden Ausführungen des Abg. Hänel im Reichstage 1878 (Sten,
Ber., Bd. I, S. 323).
2) Der Abg. Windthorst betonte 1878 (Sten. Ber., Bd. I, S. 403): — „ganz der
Natur der Dinge entsprechend hat sich, dem Drange des Reichstags folgend, die Sache
so gestellt, daß nunmehr von Tag zu Tag fortgehend die Verwaltung aller wichtigen
öffentlichen Angelegenheiten Deutschlands direkt und unmittelbar vom Reiche geschieht,
somit also die dafür tätigen Organe auch Reichsorgane geworden sind.“
3) „Es ist dies“ (Reichsverwaltung durch preußische Minister), so sagte Bismarck
damals, „bis zu einer gewissen Grad der Fall gewesen in den ersten Jahren des Nord-
deutschen Bundes, wo wir Reichsbeamte und Reichsinstitutionen überhaupt noch nicht
hatten.“
4) Laband, Bd. ], S. 255; daselbst S. 257: „Der Bundesrat ist nicht in dem
Sinne eine ‚Verwaltungsbehörde‘ des Reichs, daß er selbständig Verfügungen erlassen
und ihre Ausführung unmittelbar erzwingen könnte.“
5) Anschütz in v. Holtzendorff-Kohler, Enzyklopädie der Rechtswissen-
schaft, 6. Aufl., Bd. II, S. 542.
6) Revidierte Geschäftsordnung für den Bundesrat $ 27.
7) So interpretiert der Abg. Lasker im Reichstag 1870 (Sten. Ber, S. 122) den
Art, 7 Ziff. 3 der Reichsverfassung („Der Bundesrat beschließt 2. über Mängel, welche
-ei der Ausführung der Reichsgesetze oder der vorstehend erwähnten Vorschriften oder
4*