Full text: Sächsisches Realienbuch enthaltend Geschichte, Erdkunde, Naturgeschichte, Physik, Chemie und Mineralogie

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sein war geschwunden. Mit Bewunderung staunte man alles Fremde an, und bald 
galt es für fein, alles Fremde nachzuäffen. So fing man damals an, sich nach fran- 
zösischer Mode zu kleiden. Die Männer bedeckten ihr Haupt mit einer langen Locken- 
perücke, und die Frauen erschienen im weiten Reifrocke und mit engen Schnürleibern. 
— Die deutsche Sprache wurde mit französischen und lateinischen Brocken gemischt. 
Lange Zeit galt es in Deutschland für gebildet, möglichst viele Fremdwörter zu 
gebrauchen. 
e) Verfall des Deutschen Reiches. Durch den Westfälischen Frieden 
wurde die Einheit des Deutschen Reiches fast vernichtet. Die kaiserliche Macht sank 
zum Schatten herab, während die Macht der Einzelstaaten bedeutend verstärkt wurde. 
Ohne Zustimmung des Reichstages (mit 240 Stimmen) konnte der Kaiser weder 
über Krieg und Frieden beschließen noch Gesetze erlassen oder ein Heer ausrüsten. 
Die etwa 360 weltlichen und geistlichen Fürsten und unmittelbaren Reichsstädte 
dagegen, aus denen sich Deutschland zusammensetzte, waren jetzt selbständige Herren 
geworden; sie konnten Krieg führen und Frieden und Bündnisse schließen, ganz 
wie es ihnen beliebte, nur nicht gegen Kaiser und Reich. Somit war Deutschland 
in viele kleine Länder zerfallen, die nur noch lose durch den Kaiser zusammengehalten 
wurden. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit schwand immer mehr, und im 
Auslande sah man nur mit Hohn auf das ohnmächtige zerrissene Deutsche Reich. 
Diese Ohnmacht Deutschlands machte sich besonders Frankreich zunutze, indem es 
seine Grenzen auf Kosten Deutschlands zu erweitern suchte. Die deutschen Kaiser, 
vor allem darauf bedacht, ihre österreichischen Besitzungen zu vergrößern, schützten 
das Reich nur, wenn sie sich selbst Vorteil davon versprachen. 
X. Das Darniederliegen der Kalfergewalt in Deutschland. 
1. Bedrobung Deutschlands durch äuhere Feinde. 
1. Ludwigs XIV. Raubkriege gegen Deutschland. In Frankreich regierte zur 
Zeit des Großen Kurfürsten Ludwig XIV. 
Er führte ein frevelhaft üppiges Leben. In Versailles schuf er mit ungeheuren Kosten 
einen Fürstensitz, der an Pracht und Glanz nicht seinesgleichen hatte. Ein Fest jagte hier im 
Schlosse das andere. Der König hatte sich zum unumschränkten Herrscher gemacht. „Der 
Staat bin ich!“ sagte er. 
Um sein Reich zu vergrößern, wollte er die Diederlande und das linke Rheinufer 
an sich reißen. Er setzte Gerichtshöfe ein, die untersuchen mußten, welche Gebiete 
einst zu den Landschaften gehört hatten, die ihm in den letzten Friedensschlüssen 
abgetreten waren. Bald fand man 600 solcher Ortschaften heraus. Ludwig ließ 
dort das französische Wappen Das ohnmächtige Deutschland wehrte 
ich nicht. Ja, es sah sogar untätig zu, als Ludwig 1681 mitten im Frieden die Reichs- 
stadt — raubte. Als dann endlich fast ganz Europa gegen ihn rüstete. 
gab der „aklerchrisilichste“ König den Befehl, die ganze Gegend am Oberrhein und 
die Pfalz zu verwüsten, damit die feindlichen Heere daselbst keinen Unkerhalt fänden. 
Mannheim, Heidelberg, Worms, Speyer und 1000 Dörfer wurden niedergebrannt. 
Der französische General zerstörte das prächtige Heidelberger Schloß, dessen 
Ruine wir noch heute bewundern. Die Plünderer drangen sogar in die Kaisergruft 
zu Speyer ein, raubten alle Kostbarkeiten und streuten die Gebeine umher. 
Den Reformierten in Frankreich entzog der König das Recht der freien Religionsübung 
und suchte sie mit Gewalt zur katholischen Kirche zurückzuführen. — Das Leben am franzöfischen 
  
1681
	        
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