Der Odenwald. 31
jedoch und zwar ziemlich häufig kehrt sich dies Verhältnis um,
besonders in kesselförmigen Tälern, so daß es in den Talböden
zur Ausbildung erheblich strengerer Frostgrade kommt, als an
den Gehängen und auf den Höhen. Besonders tritt dies bei
ruhigem Wetter im Winter ein, wenn die erkaltete Luft nicht
durch Wind weggetragen wird, sondern, weil sie schwerer ist,
in den Vertiefungen der Landoberfläche sich sammelt und dort
stagniert. Ein Beispiel für solche Kessellage bietet das dadurch
klimatisch sehr benachteiligte Michelstadt, welches im Ver-
hältnis zu seiner geringen Meereshöhe viel zu kalt im Vergleich
mit den umliegenden Orten mit meteorologischen Stationen
ist. Wie stark diese Temperaturumkehrungen aber auch im
vorderen Odenwald werden können, dafür sollen folgende
wenige Beispiele den Beweis geben, die zeigen, um wieviel
sich die Temperatur der freien Gipfel manchmal selbst über die
der tiefgelegenen Orte erheben kann.
Temperaturen am
Ort Höhe über NN. 14. X. 1890 3. I. 1891
Bensheim 1022 t 3,5560 —13,8° □
Felsbregg 512m 1# 11,90 — 34,890
Rechnet man dazu, daß oft und gerade auch bei Wetterlagen,
die solche Temperaturumkehr begünstigen, die tieferen Teile
tagelang in Nebel gehüllt sind, während auf den Höhen
Sonnenschein herrscht, so wird man diese Begünstigung der
höheren Lagen und der Hänge, die sich über das erwähnte
Meer stagnierender kalter Luft erheben, begreifen.
Freilich dürfen wir nicht vergessen, daß sich die geschilderten
Verhältnisse insofern wieder ausgleichen, als im Sommer die
höheren Teile des Gebirges erheblich kühler sind und sie auch
zu allen Zeiten bei unruhigem Wetter am meisten unter der
Ungunst der Witterung zu leiden haben. Besonders die Hoch-
flächen des hinteren Buntsandsteinodenwalds lassen das bei