Full text: Landeskunde des Großherzogtums Hessen, der Provinz Hessen-Nassau und des Fürstentums Waldeck. (376)

50 Das Rheinhessische Hügelland. 
breit und wenig in die Hochfläche eingeschnitten und hat flach 
ansteigende Hänge; erst weiter unten liegt die flache Sohle 
etwas tiefer unter den steil zu ihr abfallenden Teilen der Hoch- 
fläche. Die Selz empfängt nur wenige schwache Nebenbäche, 
hauptsächlich von links, und ebenso ist auch das übrige Mainzer 
Tertiärbecken arm an fließenden Gewässern und Quellen. Der 
Grund liegt in den durchlässigen Gesteinen, die den Boden 
zusammensetzen und zu denen gleicherweise Löß, Kalk und 
Sand gehören. Nur die tonigen Gesteine sind für Wasser 
nicht durchlässig, so daß als Quell- und Grundwasserhorizont 
schon seit längerer Zeit der Cyrenenmergel bekannt ist. 
Manche Quellen sind übrigens so schwach, daß sie bald nach 
ihrem Erscheinen an der Oberfläche wieder versiegen, wie dies 
auch viele Bäche während des Sommers tun. Dagegen finden 
sich an vielen Stellen trockene Gräben und Trockentäler, die 
nur nach stärkeren Regengüssen im Sommer oder bei einer 
Schneeschmelze im Winter Wasser führen. Als Beispiel für die 
Armut an Wasserläufen möge angeführt werden, daß nach 
oberflächlichen Ausmessungen auf dem Blatt Gau-Odernheim 
der hessischen Höhenschichtenkarte 1: 25000 — das freilich 
infolge der Kartengrenzen recht extreme Verhältnisse dar- 
bietet — nur 46,9 km Bachläufe, das sind 0,35 km auf den 
Quadratkilometer Land, eingezeichnet sind. 
Dieser Wassermangel machte sich in neuerer Zeit noch fühl- 
barer, indem augenscheinlich in den letzten Jahrzehnten eine 
Senkung des Grundwasserspiegels eingetreten sein muß und 
dadurch eine größere Anzahl früher benutzter Brunnen ver- 
siegte. Um das nötige Wasser bei Feuersgefahr, für Viehtränke 
und Schwemme bei der Hand zu haben, besaß jedes Dorf 
früher eine oder mehrere „Dorfweede“, Teiche, meist an drei 
Seiten ummauert, an der vierten langsam zur Wasserfläche 
abfallend, um ein Eintreiben des Viehs zu ermöglichen. Auch 
diese sind größtenteils zugeworfen worden und verschwunden
	        
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