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Wiedersehen gewesen. Großherzogin Stephanie starb am 29. Januar
1860 in Nizza, und wohnten Kronprinz und Kronprinzeß ihrer
Beisetzung in der Familiengruft zu Pforzheim bei. Die Kron—
prinzeß hatte ihre würdige Großmutter außerordentlich geliebt und
verehrt, und war ihr der Verlust ein schwerer Kummer.
Wenn auch damals die Einfachheit der Einrichtungen,
die Anspruchslosigkeit an äußeren Komfort weit größer war als
jetzt, zeigte sich doch das kleine Max-Palais als gänzlich unzu—
reichend für einen langen Sommeraufenthalt, namentlich weil es
stets dem Lärm, Ruß und Staub der Stadt ausgesetzt blieb.
Die Kronprinzeß als große Freundin der frischen Luft und freien
Natur empfand dies sehr und war deshalb bestrebt, ein wenn
auch kleines und bescheidenes, so doch ländliches und frei gelegenes
Heim für den Sommer zu finden. Gern fuhr sie in der Dresdner
Gegend umher, um etwas Passendes zu suchen. Da fand die
Kronprinzessin im Frühjahr 1859 bei ihren Morgenspaziergängen
im Großen Garten in dem freundlichen Dorfe Strehlen einen
kleinen, dem Schneider Lauterbach gehörenden Besitz. Er bestand
aus einem nicht sehr großen, zweistöckigen Hause, welches auf der
Stelle einer früheren Hegereiterwohnung, des sogenannten Rothen
Hauses, erbaut worden war, umgeben von einem Obstgarten, in
dem sich ein kleiner Teich befand. Die Lage war reizend, von
großer Lieblichkeit in ihrer Umgebung und nahe bei Dresden.
Die Villa wurde gekauft, nachdem die kronprinzlichen Herrschaften
sie bei einem ganz gelungenen Inkognito besichtigt hatten. Bei
reichster Frühlingspracht fand am 30. Mai 1860 der Einzug
statt. Strehlen war mit Flaggen, Kränzen und Maien geschmückt.
Die Einwohnerschaft zog dem Prinzenpaare jubelnd entgegen.