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der Kronprinzessin Unterricht erteilt. Als sie den Entschluß faßte,
dem Klavier zu entsagen und ihre Zeit nur der Malerei zu
widmen, fürchtete sie sich, es ihrem Lehrer mitzuteilen, war aber bald
beruhigt, da dieser ihr, als es zögernd geschah, erwiderte: „Ja,
da kann ich Ihnen nur selbst dazu raten.“ So spielte die Kron—
prinzessin nur wenig Klavier; da aber der Kronprinz Liebe und
hohes Verständnis für Musik hatte, wurde diese edle Kunst auch
in seinem Hause gepflegt. Es fanden musikalische Abende statt.
Der Kronprinz spielte Klavier und ließ sich vom Konzertmeister
Schubert auf der Violine begleiten. Haydns Kindersymphonie
wurde vor geladenen Gästen aufgeführt.
Die Kronprinzeß war unermüdlich in der Anfertigung von
Handarbeiten, welche zum großen Teile den Armen zu gute kamen;
es erfreute sie, geschmackvolle Muster auszusuchen oder zusammen—
zustellen. Nichts nahm die hohe Frau so in Anspruch wie das
Bestreben, Gutes zu thun, Armen und Kranken zu helfen. Ein—
mal unterstützte Arme verlor sie nicht wieder aus den Augen.
Geben war ihre größte Freude.
Der deutsche Rrieg.
Der politische Horizont hatte sich in Deutschland mehr und mehr
umwölkt. Ewigen Sonnenschein und eine fortgesetzte Fülle des Glückes.
giebt es nicht in dieser Welt. In den ersten Zeiten der Jugend
war alles schön, sorglos und liebenswert gewesen. Es kamen
jetzt prüfungsreiche Tage, welche Gottvertrauen und Pflichttreue
erforderten.