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Planitz, wurde, nachdem sie einige Zeit bei der Kronprinzeß
Dienst gethan, am 1. Dezember 1869 Oberhofmeisterin. Viele
sind etwas durch ihre Stellung, aber nur wenige durch den
Wert ihrer Persönlichkeit. Zu den letzteren gehörte Gräfin
Wallwitz. Sie war unabhängig und wahr, von leutseligem
Wesen und gleichmäßig heiterer Stimmung, voller Verstand und
zuvorkommend gegen jedermann. Fräulein Helene von Tschirschky-
Bögendorff wurde am 1. April 1870 Hofdame der Kronprinzeß.
Durch ihre Schönheit, durch ihr frisches, munteres und bescheidenes
Wesen wurde sie der Liebling des Hofes.
Die Beziehungen zwischen dem Dresdener und Berliner
Hofe gestalteten sich immer freundschaftlicher. Zum Geburtstage
des Königs Wilhelm reisten Kronprinz und Kronprinzeß im
März 1868 nach Berlin. Der ihnen bereitete Empfang war ein
sehr herzlicher. Königin Augusta und Kronprinz Friedrich waren
am Bahnhofe und geleiteten die hohen Gäste nach ihren Ge-
mächern im Schlosse. Viele deutsche Fürstlichkeiten waren in der
preußischen Hauptstadt anwesend. Die Kronprinzeß fand sich mit
feinem Takte in den für sie nicht leichten Verhältnissen zurecht
und gewann Aller Zuneigung, ein neuer Beweis für den großen
Zauber, den ihre Güte und Anmut überall ausübte. Am
22. März nachmittags fand im kronprinzlichen Palais die Taufe
des kleinen Prinzen Waldemar statt; Sachsens Kronprinz
und Kronprinzeß waren Taufzeugen. Der Kronprinz und die
Kronprinzessin von Preußen erwiderten Anfang Oktober den
Besuch in Dresden; ihre Anwesenheit bot Gelegenheit zu
Ausflügen nach Meißen und Moritzburg. Königin Augusta war
im April 1869 einige Tage am sächsischen Hofe. Sie war eine