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treue Freundin unseres Königshauses, vertrat seine Interessen und
trug in jener Zeit viel zur völligen Aussöhnung bei.
In den Jahren zwischen den beiden Kriegen war die Thätig—
keit des Kronprinzen ganz von der Fürsorge für die zu reorgani-
sierende Armee in Anspruch genommen. Dieser Zeit wurde da-
durch gewissermaßen ein militärischer Stempel aufgedrückt. König
Wilhelm traf mit Prinz Albrecht von Preußen Anfang September
1868 in Dresden ein und wohnte dem dort stattfindenden
Manöver bei. Am 9. September reiste er von Moritzburg, wo
die königliche Tafel stattfand, an der auch die Kronprinzeß
teilnahm, wieder ab. Die Kronprinzeß besuchte 1869 die Truppen-
übungen bei Leipzig und Bautzen. Eine Ubungsreise hatte den
preußischen großen Generalstab Mitte August 1869 nach
Dresden geführt; hierbei knüpfte sich das Band gegenseitiger Ver-
ehrung zwischen dem Kronprinzen und General von Moltke.
Der greise Feldherr gewann sich auch die Wertschätzung der
Kronprinzeß.
Im November 1869 reiste die Kronprinzessin zu ihrer Tante,
der Herzogin von Hamilton, nach Baden-Baden, wo auch deren
Tochter mit ihrem Gemahl, dem jugendlichen Erbprinzen von Monaco,
weilte. Die Herzogin bewohnte das Palais der Großherzogin
Stephanie. Diese hatte eine seltene Begabung für theatralische
Vorstellungen gehabt, und der Tradition getreu wurden einige
französische Lustspiele aufgeführt. Ein klein wenig Geisterspuk
wurde auch getrieben, es kam aber bei dem Tischrücken nicht viel
heraus. Mit Aufmerksamkeit verfolgte diese spiritistischen Experi-
mente eine berühmte Frau, Mrs. Augustus Craven, die Ver-
fasserin der damals viel gelesenen und bewunderten „Récits d’une