94 A. Das Sonderrecht der Kriegsteilnehmer.
Imn. Morchutt, Thür Bl. 61 244: In der bekannten Streitfrage: Wie erhält
das Gericht von einer Unterbrechung Kenntnis? Ermittelung von Amts wegen?
In allen Fällen Nachweisung durch die Partei? nimmt das Landgericht
Gotha den strengeren Standpunkt ein. Versäumnisurteil gegen eine Person, die mög-
licherweise als Kriegsteilnehmer in die Frage kommen kann, wird erst dann erlassen,
wenn Gewißheit besteht, daß jener Fall nicht vorliegt. Kann die Feststellung
nicht alsbald getroffen werden — meist wird gleich vom Anwalt eine Bescheini-
gung überreicht, auch eine glaubhafte Versicherung von irgendeiner Seite wird
als genügend angesehen —, so wird der Verkündungstermin auf eine Woche
verlegt und der Partei aufgegeben, den nötigen Nachweis zu erbringen; beim
Amtsgericht geschieht es oft auch von Amts wegen. Bei dem Charakter des
Gesetzes als eines Schutzgesetzes und bei der großen Zahl der in Frage kom-
menden Personen ist das Amtsverfahren hier am Platze.
90. Cohn, JW. 15 238: Nachdem schon seit längerer Zeit viele Land-
sturmbataillone gegen den Feind verwendet werden, wodurch zahlreiche ge-
diente Landsturmleute auf den Schutz des Gesetzes Anspruch haben, sind nun-
mehr auch erhebliche Teile des ungedienten Landsturms eingezogen und hier und
da schon als Ersatztruppe im Felde. Nimmt diese Entwicklung ihren Fortgang,
so wird man doch zu dem Grundsatze zurückkehren müssen: Kein Versäumnisurteil
ohne die Feststellung, daß der ausgebliebene Mann nicht Kriegsteilnehmer
im Sinne des Gesetzes ist.
8. Verneinend:
au. K #l. 14 140, DJ3Z. 14 1388, Recht 14 707 (KG.): Das KcSch G.
stellt eine Vermutung dafür, daß bei der gegenwärtigen Zeitlage ein männlicher
Beklagter zu den Fahnen einberufen sei, nicht auf. Die prozessuale Handhabung
des Gesetzes hat deshalb nach den auch sonst gültigen prozeßrechtlichen Vor-
schriften zu erfolgen, insbesondere nach den Bestimmungen der §§ 239 ff. ZPO.
über die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens. Aus diesen Vorschriften
ergibt sich weder unmittelbar noch mittelbar eine Pflicht des Richters, von Amts
wegen zu prüfen, ob hinsichtlich einer Partei die Voraussetzungen für eine
Unterbrechung oder Aussetzung des Verfahrens vorliegen. Anders liegt dagegen
die Sache, wenn das Gericht aus bestimmten Tatsachen Kenntnis oder
begründeten Anhalt dafür erlangt, daß hinsichtlich einer Partei ein Kriegs-
teilnehmerverhältnis im Sinne der §§ 2, 3 K#TSch G. oder des § 247 3P0. in
Frage kommt, z. B. durch die Bezeichnung des Standes in der Klage oder
durch den Inhalt einer Zustellungsurkunde (s. AV. vom 2. September 1914
zu II. JMl. 702). Nur in solchen Fällen wird von Amts wegen weitere Auf-
klärung zu verlangen und der Erlaß eines Versäumnisurteils zu verweigern sein.
98. SeuffsA. 70 44, Leipz3. 14 1916, Bay#pfl 3. 14 450, Recht 14 731 (Mün-
chen IV): Wird ein Versäumnisurteil begehrt, so darf das Prozeßgericht in eine
Prüfung der Frage, ob der Gegner ein Kriegsteilnehmer sei, nur dann eintreten,
wenn ihm das Kriegsteilnahmeverhältnis schon bekannt oder doch nach den besonderen
Umständen des Einzelfalls zu vermuten ist. Diese Vermutung wird namentlich dann
begründet sein, wenn die Klage nach § 203 3PO. öffentlich oder nach § 182 durch
Niederlegung am dritten Orte oder nach §§ 181 bis 186 durch Ersatzzustellung
zugestellt wurde und sich in dem letzten Falle aus den Erklärungen des Empfängers
oder Dritter, die vom Zustellungsbeamten in die Zustellungsurkunde aufzunehmen
sein werden, ergibt, daß der, dem zugestellt werden soll, zu den vom Gesetze ge-
schützten Personen gehört. Es wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß das Prozeß-
gericht wie sonst so auch hier auf den Antrag des Klägers oder von
Amts wegen von Behörden amtliche Auskünfte oder Gutachten einholt, um so
die Kriegsteilnehmerschaft des Beklagten ausreichend klarzustellen.