Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

Kriegsteilnehmerschutzgesetz vom 4. August 1914. § 6. 121 
antragen. Es mag vielleicht der Fall so liegen, daß ein üÜberschuldeter Kauf- 
mann den unvermeidlichen Konkurs lieber jetzt ausbrechen läßt, während er vor 
dem Feinde steht, als bei seiner Anwesenheit in der Heimat. Gegen seinen 
Willen darf er aber nicht zum Konkurs getrieben werden. Der Widerspruch 
dieser Bestimmung mit der grundsätzlichen Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung 
ist nicht zu verkennen. Die Ablehnung des Konkursantrags wird die Folge 
haben, daß die Gläubiger im Wettbewerbe sich der einzelnen Vermögensgegen- 
stände zu bemächtigen suchen. Der Konkurs soll ja eine gleichheitliche Befriedi- 
gung der Gläubiger herbeiführen. Den Anstoß gibt häufig der Zugriff eines 
einzelnen. Die andern erzwingen dann durch den Konkurs den Wegfall der 
erlangten Pfändungspfandrechte. Das ist hier unmöglich. Der Gläubiger, der 
zuerst pfändete, behält sein Vorrecht. Findet er Forderungen, so kann er zur 
vollen Befriedigung gelangen. Auch Pfandrechte an Waren können unanfecht- 
bar werden, wenn die Konkurseröffnung infolge der Abwesenheit des Schuldners 
später als 6 Monate seit der Zahlungseinstellung erfolgt. Dem Schuldner 
selbst ist in solchen Fällen mit dem Verbot der Konkurseröffnung nicht viel 
gedient. 
8. Mayer a. a. O. 232: Auf diejenigen natürlichen Personen, welche 
durch einen Kriegsteilnehmer gesetzlich vertreten sind, bezieht sich 
§ 6nicht, d. h. auf das Konkursverfahren über das Vermögen dieser Per- 
sonen ist die Kriegsteilnehmereigenschaft des gesetzlichen Vertreters ohne Ein- 
fluß. Doch ist diesen Personen ein Pfleger zu bestellen, wenn die elterliche 
Gewalt nicht mit Rücksicht auf die Verhinderung des Vaters durch dessen Kriegs- 
teilnehmereigenschaft von der Mutter ausgeübt wird. 
b) Wenn der Gemeinschuldner eine Gesellschaft ist. Genügt es, 
daß ein Gesellschafter Kriegsteilnehmer ist?! 
a. Bejahend. 
aa. Jäger, Bank A. 14 31: Bei offenen Handelsgesellschaften und Komman- 
ditgesellschaften verleiht der § 210 KO. allen persönlich haftenden Gesellschaftern 
das Gemeinschuldner-Antragsrecht. Daraus folgt jedenfalls, daß der Gesell- 
schaftskonkurs nach § 6 Abs. 1 KTSch G. dann auf Gläubigerantrag nicht er- 
öffnet werden darf, wenn alle persönlich haftenden Gesellschafter 
Kriegsteilnehmer sind. Trifft dies zu, dann hat — wie sonst auch — 
jeder von ihnen das Antragsrecht. Man wird aber nach dem Schutzzwecke des 
Gesetzes annehmen müssen, daß es zur Anwendbarkeit des § 6 Abs. 1 K#ch G. 
genügt, wenn auch nur ein persönlich haftender Gesellschafter — jeder ist Träger 
der Gemeinschuldnerrolle — am Kriege teilnimmt. 
86. Leipz 3. 15 73 Nr. 15, Recht 15 112 Nr. 278 (Bamberg II): Das Konkurs- 
verfahren über das Vermögen einer offenen Handelsgesellschaft kann auf An- 
trag eines Gläubigers nicht eröffnet werden, auch wenn nur einer der 
beiden Gesellschafter Kriegsteilnehmer ist. Bei Eröffnung des Konkurses 
über das Gesellschaftsvermögen ist nicht eine juristische Person Gemeinschuldnerin, 
sondern dies sind die Gesellschafter selbst in ihrer Eigenschaft als Mitträger des 
Gesellschaftsoermögens. Die Gesellschafter bilden die Herren der Konkursmasse 
und sind die gemeinsamen Schuldner der Konkursgläubiger. Für die das Ver- 
hältnis des Gemeinschuldners zum Verfahren betreffenden Bestimmungen der KO. 
kann als Gemeinschuldner niemand anders als jeder persönlich haftende Ge- 
sellschafter angesehen werden (JW. 95 4547). Diese Anschauung wird auch 
noch durch folgende Erwägung gestützt. Durch die Konkurseröffnung wird die 
offene Handelsgesellschaft aufgelöst (§ 131 Nr. 3 HGB.), womit die bisherige 
gegenseitige Vertretungsmacht der Gesellschafter endigt (RG. 16 3, Jaeger KO.
	        
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