Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

Bek. über die Vertretung der Kriegsteilnehmer v. 14. Januar 1915. Begr. 137 
Behauptungen, die zur Begründung dieser Verpflichtung dienen, sind in 
dem die Ladung enthaltenden Schriftsatz mitzuteilen. Erscheint in dem 
Termine für den Kriegsteilnehmer niemand und ist nach den als zu- 
gestanden anzunehmenden tatsächlichen Behauptungen die Verpflichtung 
zur Aufnahme begründet, so gilt das Verfahren als aufgenommen und 
ist zur Hauptsache zu verhandeln. 
Begründn#. 
(D. N. I1 5ff.) 
Das Gesetz, betreffend den Schutz der infolge des Krieges an Wahr- 
nehmung ihrer Rechte behinderten Hersonen, vom 4. August 1014 (Reichs- 
Gesetzbl. S. 328) unterwirft die Rechtsverfolgung gegen Kriegsteilnehmer 
erheblichen Zeschränkungen. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen 
ein Kriegsteilnehmer Hartei ist, wird das Derfahren von Gesetzes wegen 
unterbrochen (§ 2). Ist der Kriegsteilnehmer durch einen Orozeßbevoll= 
mächtigten vertreten, oder Bat er einen anderen Dertreter, der zur Wahr- 
nehmung seiner RZechte berufen ist, so tritt zwar eine Unterbrechung kraft 
Gesetzes nicht ein, das Gericht hat jedoch auf Antrag des Dertreters die 
Aussetzung des Derfahrens anzuordnen (&8 5). 
Diese Vorschriften sind in einer Reihe von Fällen dazu mißbraucht 
worden, um die Erfüllung bestehender Sahlungspflichten ohne Grund zu 
verweigern. Unter Berufung auf das Gesetz haben Kriegsteilnehmer, die 
in günstigen wirtschaftlichen Derhältnissen leben, die Sahlung unbestrittener 
laufender Derbindlichkeiten, insbesondere der Mietschulden, mit Erfolg 
abgelehnt. Shefrauen, die das Geschäft ihres zur Fahne einberufenen 
Mannes in dem bisherigen Umfang mit gutem Erfolge weiterführen oder 
das Einkommen des Mannes unverkürzt fortbeziehen, sind namens ihres 
Mannes gegen dessen Schuldner gerichtlich vorgegangen, haben sich aber, 
wenn sie ihrerseits von Dermietern oder Geschäftsgläubigern gerichtlich in 
Anspruchk genommen wurden, der Sahlung der Schulden entzogen. Besonders 
schwer sind die Mißstände empfunden worden, wenn der Kriegsteilnehmer, 
wie es mehrfach vorgekommen ist, in seinem Beimatsorte verwendet wurde, 
oder wenn der benachteiligte Gläubiger selbst zu den Kriegsteilnehmern 
gehörte. In der EGffentlichkeit sind hierüber in steigendem Maße lebhafte 
Klagen gefüllrt; auch in der Sitzung der freien Kommission des Reichstags 
vom 2. Dezember 1014 ist widerspruchslos eine Einschränkung des Gesetzes 
vom 4. August 1014 als notwendig bezeichnet worden. 
Diese Unzuträglichkeiten sucht die auf Grund des § 5 des sogenannten 
Ermäßigungsgesetzes erlassene Bekanntmachung vom I14. Januar 1915 zu 
beseitigen. Sie eröffnet für Ausnahmefälle die Möglichkeit, einen gemäß 
§ 3 Abs. 2 des Gesetzes vom 4. August 1014 gestellten Antrag auf Aussetzung 
des Derfahrens abzulehnen. Die Ablehnung soll jedoch, dem Ausnahme- 
charakter der Maßregel entsprechend, nur in vermögensrechtlichen Streitig- 
keiten und nur dann zulässig sein, wenn die Aussetzung nach den Umständen 
des Falles offenbar unbillig ist. Als offenbar unbillig wird die Aussetzung 
nur gelten können, wenn sie gegen Treu und Glauben in gröblicher 
Weise verstößt und dies sich einer unbefangenen Betrachtung der tat- 
sächlichen Derhältnisse sofort aufdrängen muß. Zei der Würdigung der 
Umstände des Falles werden die Interessen des Kriegsteilnehmers im
	        
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