Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

Bek. über die Bewilligung von Zahlungsfristen v. 7. Aug. 1914 / 20. Mai 1915. 175 
vor allem der Zeichsbank nicht erstrecken können. Aber auch die sämtlichen 
anderen Banken hätten von dem Moratorium ausgenommen werden 
müssen; sie sind gewissermaßen die Derwalter unseres flüssigen Betriebs- 
kapitals, das dem Wirtschaftsbetriebe nicht entzogen werden darf, wenn 
nicht die empfindlichsten Stockungen Bervorgerufen werden sollen. Mußte 
jedoch für sie alle die Sahlungspflicht erhalten bleiben, so mußte ihnen 
auch das Recht der Einziehung ihrer Forderungen, die notwendige Dor- 
aussetzung für die Erfüllung der Sahlungspflicht, gelassen werden. 
Für den Erlaß eines allgemeinen Sahlungsaufschubs lag aber auch, 
wie die Entwicklung seit Ausbruch des Krieges bestätigt hat, in Deutsch- 
land kein Bedürfnis vor. Wenn auch viele Sweige des Wirtschaftslebens 
durch den Krieg schwer betroffen worden sind, so war doch der über- 
wiegende Teil auf den Krieg hinreichend gerüstet, ein anderer von ihm 
verhältnismäßig so wenig berübrt, daß die Mittel zur Erfüllung der Der- 
bindlichkeiten beschafft werden konnten. Namentlich zeigten sich auch die 
Banken und die Sparkassen der Lage gewachsen. Wesentliche Hilfe boten 
den beteiligten Kreisen zunächst die Reichsbank mit ihrer für den Kriegs-= 
fall lang vorbereiteten kraftvollen Stellung und sodann in Wechselwirkung 
mit der Reichsbank die Darlehnskassen und die zahlreichen Kreditanstalten, 
die mit großem Geschick und in wahrem Gemeinsinn auf den verschiedensten 
Wegen des Susammenschlusses gebildet wurden. Demgegenüber wäre die 
Gesamtlage erheblich verschlechtert worden, wenn allen Schuldnern die 
Zahlung gestundet und so an Stelle der Rechtspflicht der freie Wille ge- 
setzt worden wäre. 
Auch der Erlaß eines auf bestimmte Arten von Forderungen, z. B. 
auf Wechselforderungen, beschränkten TCeilmoratoriums mußte — ab- 
geseben von den für die Beziehungen zum Auslande gebotenen besonderen 
Wßnahmen — unterbleiben. Ein Teilmoratorium schützt zwar zunächst 
den Schuldner, belastet und bedroht aber in gleicher Weise den Gläubiger, 
der auf den Eingang seiner Forderungen nicht mehr rechnen kann, wäh- 
rend er selbst seine nicht unter das WMoratorium fallenden Sahlungsver- 
Ppflichtungen erfüllen muß; es führt so zu Unbilligkeiten und drängt aus 
sich selbst heraus zu einer immer fortschreitenden Erweiterung. 
Dem berechtigten Grundgedanken des gesetzlichen Moratoriums haben 
die verbündeten Regierungen neben ihren bezeichneten, auf die Schaffung 
ausreichenden Kredits gerichteten Bemühungen auf Grund des § 5 des 
s. g. Ermächtigungsgesetzes durch eine Reihe von Derordnungen in anderer 
Weise Rechnung getragen. 
In erster Linie mußte es sich darum handeln, dafür zu sorgen, daß in 
den Fällen, in denen in der Tat die durch den Krieg geschaffenen Derhält. 
nisse eine Erleichterung der Lage des Schuldners notwendig machen, die 
Sahlungsansprüche nicht rücksichtslos durchgeführt werden. Die bestehenden 
Gesetze bieten hierzu keine ausreichende Handhabe. Insbesondere hat nach 
deutschem Hrozeßrechte der Richter nicht die Befugnis, die ihm in der aus- 
ländischen Gesetzgebung zum Teil vorbehalten ist, bei der Derurteilung dem 
Schuldner eine Frist für die Erfüllung zu bewilligen. Nur bei der 
Räumungsklage kann dem Schuldner nach § 721 der Givilprozeßordnung 
eine angemessene Seit zur Räumung auf seinen Antrag gewährt werden. 
Die besonderen Derhältnisse ließen es als angezeigt erscheinen, diesen 
Gedanken zu verallgemeinern. Das ist in der Bekanntmachung vom-
	        
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