Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

Bek. über die Bewilligung von Zahlungsfristen v. 7. Aug. 1914 / 20. Mai 1915. 81. 179 
A. Die allgemeine Bedentung der gerichtlichen Sahlungsfrist. 
I. Unterschied von einem allgemeinen Moratorium. 
1. Güthe, Gruchots Beitr. 59 50: Die gerichtliche Bewilligung einer 
Zahlungsfrist unterscheidet sich von einem allgemeinen Moratorium, von 
dessen Einführung das Deutsche Reich Abstand genommen hat, dadurch, daß sie 
nicht eine starre Regel wie ein Moratoriumsgesetz gibt, sondern eine den wirt- 
kateren Verhältnissen gerecht werdende Beurteilung des einzelnen Falles er- 
möglicht. 
2. Bendix, Der gesetzliche Zahlungsaufschub im Kriege nebst Anhang neuerer 
und neuester Moratoriengesetze des In= und Auslandes. 
3. Bank A. 13 396: Zusammenstellung der infolge des Kriegsausbruchs im Aus- 
land erlassenen Moratorien. Mit Nachträgen in 13 414, 14 14, 36, 53, 89, 126, 
144, 163, 178, 213, 243, 261, 274. 
4. Mayer, JW. 15 387: Die Moratorien im Ausland. 
II. Wirkung der Sahlungsfrist. 
1. Hat die Bewilligung der Zahlungsfrist materiellrechtliche 
Bedeutungs 
a) Bejahend. 
a. Kipp, D33. 14 1029: Die Bewilligung einer Zahlungsfrist soll nach 
ausdrücklicher Vorschrift der Verordnung den Zinsenlauf nicht berühren. Das 
ist vollkommen berechtigt, weil der Schuldner im Genusse des Kapitals in irgend- 
einer Form verbleibt. In allen übrigen Hinsichten wird materiellrechtlich 
durch die Gewährung der Zahlungsfrist die Forderung bis zum Ablaufe der Frist 
eine nicht fällige. Verzug kann nicht eintreten, und es konnten schon nach 
der Verordnung vom 7. August 1914 weder Vertragsstrafen noch sonstige nach 
Vertrag oder Gesetz auf Nichtleistung gesetzte Nachteile den Schuldner treffen. 
Weder die Austreibung des Mieters wegen Nichtzahlung der Miete noch die 
vereinbarte Fälligkeit der Hypothekenkapitals wegen Nichtzahlung der Zinsen oder 
irgend etwas Ahnliches ist als begründet anzusehen, wenn dem Schuldner die 
Zahlungefrist zur Seite steht. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung 
ist weniger als die Gewährung einer Zahlungsfrist. 
8. Güthe, Gruchots Beitr. 59 50: Ihrer rechtlichen Bedeutung nach steht 
die von dem Gerichte bewilligte Zahlungsfrist einer Zahlungsfrist gleich, die der 
Gläubiger dem Schuldner gewährt hat. Das Gericht tritt in dieser Beziehung an 
die Stelle des Gläubigers. Da eine vom Gläubiger bewilligte Frist die Wirkung hat, 
daß die Folgen der nicht rechtzeitigen Zahlung für die Zukunft aufgehoben 
werden, so hat auch die gerichtliche Fristbewilligung die gleiche Wirkung. Daher kann 
der Gläubiger mit der Forderung, für die dem Schuldner eine Zahlungsfrist 
bewilligt ist, nicht aufrechnen, da die Aufrechnungsbefugnis nach § 387 BGB. 
nur für fällige Forderungen besteht. Ob der Gläubiger durch die Fristbewilligung 
zugleich auch auf die bereits eingetretenen Folgen der nicht rechtzeitigen 
Zahlung verzichten wollte, ist Auslegungsfrage (Planck, BGB. 284 A. 10 a C.). 
Der Entscheidung dieser Frage im Falle der gerichtlichen Bewilligung einer 
Zahlungsfrist bedarf es nicht, weil durch die Bekanntmachung des Bundesrats 
vom 18. August 1914 (Rl. 377) dem Gerichte die Befugnis eingeräumt ist, 
im einzelnen Falle die bereits eingetretenen Folgen der nicht rechtzeitigen Zahlung 
als nicht eingetreten gelten zu lassen. Wennn in der Bekanntmachung vom 
18. August 1914 (§F 1 Abs. 1) das gleiche auch für die in Zukunft eintretenden 
Folgen der nicht rechtzeitigen Zahlung bestimmt ist, so hat das zunächst die 
12.
	        
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