198 B. Geltendmachung von Ansprüchen während der Kriegszeit.
und werden konnte. Hier und nur hier ist es berechtigt, daß die Rechtsordnung
dem über jedermann unverhofft gekommenen Kriegszustand in billiger Berück-
sichtigung der Interessen, die einander gegenüberstehen, Rechnung zu tragen sucht.
Solche individualisierende Behandlung von Fall zu Fall will die Verordnung ins
Leben rufen.
8. Ebenso Kaufmann, JW. 14 812, Hahn, Gesetz u. Recht 15 559, Licht
a. a. O. 7, Bovensiepen, Di 14 782, Sintenis 71 A. 3, Güthe,
Gruchots Beitr. 59 52 f. und Hachenburg, Leipz#. 14 1601.
J. Unger, Recht 14 685: Der Begriff „entstanden“ ist nicht absolut wört-
lich zu nehmen. Die Bekanntmachung gilt vielmehr auch für solche Forderungen,
deren Entstehung der Schuldner nicht mehr abwenden konnte, weil ihre rechtliche
Voraussetzung teilweise bereits vor Ablauf des 31. Juli entstanden waren. Die
Zahlungsfrist kann demnach gewährt werden: a) für aufschiebend bedingte
Forderungen, wenn das Rechtsgeschäft vor Ablauf des 31. Juli geschlossen, die
Bedingung aber erst später eingetreten ist; b) für Forderungen, die dem Grunde
nach vor Ablauf des 31. Juli entstanden sind, aber nach diesem Zeitpunkt
wachsen infolge von Umständen, auf die der Schuldner keinen Einfluß hat; c) für
Forderungen aus Verträgen, die seitens des Schuldners vor Ablauf des 31. Juli
angetragen, seitens des Gläubigers erst nach diesem Zeitpunkt angenommen
sind; d) für Geldforderungen aus Rechtsgeschäften, deren Gültigleit von einer
Genehmigung abhängt, wenn das Rechtsgeschäft vor Ablauf des 31. Juli ge-
schlossen, die Genehmigung aber seitens des Gläubigers oder seines gesetzlichen
Vertreters erst nach diesem Zeitpunkt erfolgt. Unzulässig ist dagegen die
Zahlungsfrist, wenn die (venehmigung seitens des Schuldners oder seines gesetz-
lichen Vertreters nach dem 31. Juli erfolgt ist; e) für Forderungen aus Ver-
trägen, bei denen die Willenserklärung des Schuldners vor Ablauf des 31. Juli
abgegeben, aber erst nach diesem Zeitpunkte wirksam geworden ist. Im Gegen-
satze zu § 130 BGB. ist hier der Zeitpunkt des Abgangs und nicht der des
Zugangs entscheidend.
5. Levis, Recht 14 591: Voraussetzung für die Stundungsgewährung ist,
daß die Forderung vor dem 31. Juli 1914 entstand. Vor diesem Zeitpunkte
muß das Gläubigerrecht derart erwachsen gewesen sein, daß es unabhängig
von neuen in den Willen des Schuldners gestellten Handlungen geltend gemacht
werden kann. Auch bedingte Geldschulden gehören hierher, mag auch die
Bedingung erst nach dem 31. Juli 1914 eintreten. Daß die Fälligkeit der
Schuld erst nach dem 31. Juli 1914 eintritt, spielt erst recht keine ent-
scheidende Rolle, wenn nur die Schuld vorher wirklich begründet war. In dieser
Art begründet sind insbesondere Miet schulden und andere Schulden aus einem
fortdauernden Vertragsverhältnisse, die jeweils mit Ablauf eines be-
stimmten Zeitabschnitts fällig werden; zu verlangen ist nur, daß das Vertrags-
verhältnis vor dem 31. Juli bindend eingegangen ist.
e. Mittelstein, DJ3. 15 195: Alle Mieter, deren Mietvertrag nach
dem 31. Juli 1914 erlosch und die einen neuen Mietvertrag, sei es mit dem
alten, sei es mit einem neuen Vermieter schließen, genießen nicht die Erleichterung
der BRO., denn sie mieten neu unter Herrschaft der ihnen bekannten Kriegs-
lage. Warum soll das anders sein für denjenigen, dessen Mietvertrag nach dem
31. Juli 1914 ablief und der trotzdem die Mietsache tatsächlich behielt, ohne daß
der Vermieter binnen der Frist von zwei Wochen dem widersprach.
C. Hallbauer, Sachs RpflArch. 14 338: Zeitlich maßgebend ist nicht die
Fälligkeit, sondern das Entstehen der Forderung, z. B. der die Forderung
begründende Vertrag. Der Antrag auf Bewilligung einer Zahlungsfrist ist zu-
lässig, wenn der die Geldforderung begründende bedingte Vertrag vor dem