Bek. über die Bewilligung von Zahlungsfristen v. 7. Aug. 1914/20. Mai 1915. §5 1. 207
Vermögen nicht flüssig machen können, z. B. Vertreter von Handelshäusern in
feindlichen Staaten und andere kaufmännische Angestellte, amtliche Börsenmakler,
Gewerbetreibende, die auf den Fremdenverkehr angewiesen sind, Architekten, Maler,
Bildhauer, Bühnenkünstler usw. B) Industrielle und Kaufleute, deren Absatz= und
Produktionsmöglichkeit infolge Fehlens von Rohmaterialien und fertiger Waren
verringert ist. J) Schuldner, die nicht in der Lage sind, ihre Außenstände einzu-
ziehen, weil ihre Schuldner im Felde sind oder Zahlungsfrist erhalten oder ihr
Vermögen im Ausland haben.
d) Pr. Handelsminister vom 11. August 1914, IM Vbl. 14 678: Ge-
dacht ist namentlich an den Fall, daß ein Schuldner dadurch in Not gerät,
daß er seinerseits nicht imstande ist, die ihm geschuldeten Beträge einzutreiben.
Böswilligen Schuldnern muß die Vergünstigung selbstverständlich vorenthalten
bleiben. Überhaupt muß immer im Auge behalten werden, daß die einem
Schuldner gewährte Zahlungsfrist wieder dessen Gläubiger nötigen kann, eine
Zahlungsfrist nachzusuchen.
e) Leipz Z. 15 154 11; Hans G3Z. 15 Beibl. 57 Nr. 3 (Hamburg VI): Mehr
als zwei Monate vor Ausbruch des Krieges war der Beklagte trotz Mahnung mit
der Zahlung säumig. Daß sein Geschäft schon in diesen Monaten unter Voraus-
wirkungen des Krieges gelitten habe, ist ausgeschlossen. Das Notstandsgesetz
wollte aber keine Prämie für säumige Schuldner einrführen, sondern
gegen die wirtschaftlichen Schädigungen des Krieges schützen.
f) Jörissen, DR3. 14 748: Es ist darauf hinzuwirken, daß der Richter
überall da, wo er aus den Vorverhandlungen ein Entgegenkommen des Gläubigers
dem Schuldner gegenüber festzustellen vermag und besonders in solchen Fällen,
in denen offensichtlich Böswilligkeit des Schuldners vorliegt, von den not-
gesetzlichen Bestimmungen nur in einem auch die Gläubigerinteressen richtig ein-
schätzenden Maße Gebrauch machen möchte.
8) Güthe, Gruchots Beitr. 59 56: Die Bestimmung einer Zahlungsfrist ist
nur zulässig, wenn die Lage des Beklagten sie rechtfertigt und die Frist dem
Kläger nicht einen unverhältnismäßigen Nachteil bringt (Abs. 1 Satz 2). Es sind
daher die Vermögens= und sonstigen wirtschaftlichen Verhältnisse der beiden
Parteien gegeneinander abzuwägen. Insbesondere ist einerseits böswilligen
Schuldnern die Vergünstigung zu versagen und anderseits zu berücksichtigen, daß
der Gläubiger in vielen Fällen selbst wieder Schuldner ist und demzufolge
unter Umständen auf den Eingang von Zahlungsmitteln rechnen muß.
h) Sieskind a. a. O. 77: Zur „Rechtfertigung“ der Stundung ist nötig,
daß diese auch in der Tat geeignet ist, dem Schuldner in seiner „Lage“ wirklich
zu helfen; läßt sich von vornherein annehmen, daß der Schuldner später
ebensowenig seiner Verpflichtung nachkommen werde, so ist die Fristbestimmung
nicht durch die Lage des Schuldners gerechtfertigt und würde nur eine unnötige
Erschwerung für die Interessen des Gläubigers bedeuten.
i) Recht 14 739 (Nürnberg): Hat der Schuldner bestimmte Einnahmen und
macht er nicht glaubhaft, daß er sie für bestimmte damit zusammenhängende
Ausgaben braucht, so rechtfertigt seine Lage nicht die Bewilligung einer Zahlungs-
frist für eine andere Schuld. Es geht nicht an, die Befriedigung eines Gläubigers
zugunsten eines anderen zu verzögern.
k) Recht 15 114 Nr. 295 (Nürnberg II): Der Zahlungsaufschub soll nur dort
eintreten, wo er nötig ist, und wo auch die Rücksicht auf die Gläubiger ihn ge-
stattet; das Gesuch um Bestimmung einer Zahlungsfrist kann mit der Erzwin-