Bek. über die Bewilligung von Zahlungsfristen v. 7. Aug. 1914 /20. Mai 1915. 8 1. 211
wenn er sich auf die allgemeine Kriegslage und die dadurch hervorge-
rufenen, jede wirtschaftliche Existenz mehr oder minder beeinträchtigenden
Schwierigkeiten beruft, sondern er muß dartun, daß und inwiefern durch un-
mittelbare oder mittelbare Kriegsfolgen gerade seine Einkommens-
oder Vermögensverhältnisse in solchem Maße geschädigt worden sind, daß er
nicht oder doch nicht ohne wirtschaftliche Gefährdung seiner Existenz seiner Ver-
pflichtung nachzukommen vermag. Aus diesem Grunde erscheint die Gewährung
der Stundung namentlich dann nicht angezeigt, wenn schon vor dem Kriege die
Vermögenslage derart war, daß der Schuldner seinen Verpflichtungen nicht nach-
kommen konnte; bei schon vor längerer Zeit überfällig gewordenen Forderungen
ist also eine richterliche Nachsicht nicht am Platze.
o. Seeger, Gesetz u. Recht 16 199: Die Auffassung, daß die Notlage ein
unmittelbare oder mittelbare Folge des Krieges ist, ist zutreffend,
da die Gewährung einer Zahlungsfrist nur dann Zweck hat, wenn die Aussicht
besteht, daß der Schuldner nach ihrem Ablauf seiner Verpflichtung nachkommen
werde, während er durch den Krieg an der sofortigen Erfüllung behindert ist.
K. Mayer a. a. O. 53: Es ist auf Seite des Schuldners nicht gerade
notwendig, daß seine derzeitige Lage in unmittelbarem Zusammenhang mit
dem Kriegszustand steht. Irgend ein Zusammenhang mit dem Kriegs-
zustand wird aber gleichwohl gefordert werden müssen.
p. Licht, a. a. O. 7: Da die Bestimmung ganz allgemein, also nicht nur
für Kriegsteilnehmer gilt, so kommen bei der Beurteilung der Lage des
Schuldners nicht nur Ereignisse in Betracht, die mit dem Kriege in un-
mittelbarem Zusammenhange stehen. So werden z. B. einem Beamten,
weil er während der Kriegszeit in der Regel das Gehalt weiter bezieht,
Zahlungsfristen nicht zu bewilligen sein, wenn weder er selbst noch seine Familien=
mitglieder durch den Krieg betroffen werden.
b) Verneinend.
u. Recht14705, 738, D# .14 1307, Leipz 3. 15 155 Nr. 14, Hans G Z. 15 Beibl. 57
Nr. 4 (Hamburg): Es ist nicht erforderlich, daß der Krieg die Einkommens-
und Erwerbsverhältnisse des die Frist nachsuchenden Teils nachteilig beeinflußt
haben muß. Das KISch G., auf Grund dessen die BRV0O erlassen ist, spricht
allgemein von Maßregeln, die — während der Zeit des Krieges — sich zur
Abhilfe wirtschaftlicher Schädigungen notwendig erweisen.
8. Recht 11 739 (Nürnberg 11): Aus der schon vor dem Kriegsaus-
bruche vorhandenen schlechten Vermögenslage des Schuldners darf nicht ohne
weiteres darauf geschlossen werden, daß die vom Kriege doch sicher auch beein-
flußte Lage des Schuldners die Bewilligung einer Zahlungsfrist nicht rechtfertige;
es bedarf vielmehr des näheren Eingehens sowohl auf die jetzige Lage des
Schuldners wie auf die Folgen einer Fristbewilligung für den Gläubiger.
J. Hirsch, IJW. 14 947: Der Ansicht, daß irgendein Zusammenhang
zwischen der verschlechterten Vermögenslage des Schuldners und dem Kriege zur
Anwendung dieser Bestimmungen verlangt werden müsse, läßt sich entgegen-
halten, daß, wenn dies zutreffend wäre, dieser Rechtsstandpunkt wohl ebenso in
dieser Bekanntmachung zum deutlichen Ausdrucke gelangt wäre, wie es im § 1
BRV0O. vom 8. August 1914 (RGl. 363), betr. die Anordnung einer Ge-
schäftsaufsicht zur Abwendung des Konkursverfahrens, geschehen ist. Denn hierin
wird ausdrücklich bestimmt, daß nur, wer infolge des Krieges zahlungs-
unfähig geworden ist, die Anordnung einer Geschäftsaufsicht beantragen kann.
Da beide Bekanntmachungen dieselbe Einleitung mit dem Hinweis auf § 3 G.
über die Ermächtigung des Bundesrats zu wirtschaftlichen Maßnahmen haben,
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