Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

312 B. Geltendmachung von Ansprüchen während der Kriegszeit. 
die in diesen Entscheidungen vertretene Auslegung spricht der Zweck der 
Verordnungen. Sie sind ein Gegenzug gegen die im Auslande erlassenen 
Moratorien. Da durch diese die im Inlande wohnenden Gläubiger verhindert 
werden, ihre ausländischen Forderungen beizutreiben, so sollen die im Auslande 
wohnenden Personen verhindert werden, ihre inländischen Forderungen beizutreiben. 
Dieser Zweck würde nur unvollkommen erreicht, wenn nur die Geltendmachung 
im Prozesse, nicht aber die in der Vollstreckungsinstanz versagt würde. Der 
Zweckbestimmung entspricht nur die Auslegung, daß dem im Auslande wohnenden 
Gläubiger der Rechtsschutz zeitweise überhaupt zu versagen ist. Es ist auch nicht 
zuzugeben, daß der Wortlaut der Bekanntmachung dieser Auslegung entgegenstehe. 
Auch zum Betriebe der Zwangsvollstreckung ist die Inanspruchnahme gerichtlicher 
Organe, zu denen auch der Gerichtsvollzieher gehört, erforderlich, und die In- 
anspruchnahme dieser Organe bedeutet deshalb auch eine Geltendmachung des 
Anspruchs vor inländischen Gerichten. 
56. KeBl. 14 127 (LG. 1 Berlin): Unter gerichtlicher Geltendmachung des 
Anspruchs ist, um das Gegenmoratorium nicht gerade für die Fälle lahmzulegen, 
in denen es besonders nötig ist, im Sinne dieser Verordnung auch der Zwangs- 
vollstreckungsbetrieb mit zu verstehen, zumal das Gesetz hier nicht zwischen dem 
eigentlichen Prozeßverfahren und der Zwangsvollstreckung wie z. B. in der 3PO. 
und dem KLSch G. vom 14. August 1914 unterscheidet; ebenso Necht 15 105 
Nr. 221, (LG. 1 Berlin), DRA. 15 46 (LG. Traunstein). 
J. Hirsch, W. 14 1003: Der Zweck der Bekanntmachung ist: Mit Rück- 
sicht auf die fast überall im Ausland erlassenen Moratorien soll der in Deutschland 
wohnende Schuldner eines im Auslande wohnenden Gläubigers nicht schlechter 
gestellt sein, als dieses zurzeit in der Regel bei einem Schuldner im Auslande der 
Fall ist. Dann kann aber 81 Satz 1 nichts anderes bedeuten, als daß die 
deutschen Gerichte dem im Auslande lebenden Gläubiger, soweit vermögensrechtliche 
Ansprüche desselben in Betracht kommen, die vor dem 31. Juli 1914 entstanden sind, 
jeglichen Schutz zur Beitreibung seiner Forderungen versagen müssen. 
Der Gläubiger kann keine auf seine Befriedigung zielende Zwangsvollstreckung 
betreiben, auch nicht, soweit dabei der Gerichtsvollzieher in Betracht kommt. Auch 
dieser muß seine Hilse ablehnen. Denn es wäre folgewidrig, Anträge des 
Gläubigers an das Vollstreckungsgericht z. B. auf Pfändung und Überweisung 
einer Geldforderung, Einleitung der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung 
nach § 1 zurückzuweisen, andererseits aber eine Zwangsvollstreckung in die beweg- 
lichen Sachen des Schuldners durch den Gerichtsvollzieher zuzulassen. Denn der 
Gerichtsvollzieher ist und bleibt ein Organ des Gerichts. Auch er fällt daher, 
sofern man die Zwecke der Bekanntmachung im Auge behält und nicht am Buch- 
staben klebt, mit unter den Begriff der „inländischen Gerichte“ im Sinne des § 1. 
Der Satz 2 des § 1 widerstreitet dieser Ansicht nicht. Er betrifft nur einen 
besonderen Fall, der in einer dem Zwecke der Bekanntmachung entsprechenden Weise 
geregelt wird. Schließlich spricht auch die im § 1 Satz 1 gewählte Fassung der Ver- 
ordnung: „vermögensrechtliche Ansprüche . vor inländischen Gerichten nicht geltend 
machen“ für diese Ansicht, andernfalls würde „nicht klagen“ gesagt sein. (Der 
Aufsatz wendet sich dann im Einzelnen gegen v. Harder (a#H). 
53. Sieskind a. a. O. 8 zu § 1, Knipschaar, D33. 15 201, Heß 
a. a. O. Ze zu § 1, Steiner, Recht 15 121, Jäger, Leipz3Z. 15 713, mit 
Rücksicht auf den Zweck der Bekanntmachung; ebenso Rosenthal, Deutsches 
Kriegsrecht 76. 
e#. Ebenso Mayer a. a. O. 92. Gegen die Zwangsvollstreckung findet 
nicht die Erinnerung nach § 766 ZPO. statt (so v. Harder ## #h, sondern 
nur die Klage aus § 767 3P0.
	        
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