Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

Bek. uüber Mindestgebot bei der Versteigerung gepfändeter Sachen v. 8. Oktober 1914. 373 
81. 
Soweit eine Zwangsvollstreckung in körperliche Sachen nach den Vor- 
schriften der Zivilprozeßordnung stattfindet, ist der gewöhnliche Verkaufs- 
wert der gepfändeten Sachen vor der Versteigerung zu schätzen. 
Die Schätzung erfolgt durch den Gerichtsvollzieher. Ist gemäß § 813 
der Zivilprozeßordnung zur Pfändung ein Sachperständiger zugezogen, 
so hat dieser die Schätzung vorzunehmen. Mit der Schätzung gepfändeter 
Wertpapiere, die einen Börsen= oder Marktpreis nicht haben, hat der 
Gerichtsvollzieher einen kaufmännischen Sachverständigen zu beauftragen; 
bei der Schätzung darf der gewöhnliche Verkaufswert solcher Wertpapiere, 
die in der letzten Woche vor dem 31. Juli 1914 noch einen Börsen= oder 
Marktpreis hatten, nicht unter dem letzten in dieser Woche amtlich notierten 
Markt= oder Börsenpreis festgestellt werden. In anderen Fällen kann der 
Gerichtsvollzieher einen Sachverständigen mit der Schätzung beauftragen. 
Die Schätzung soll tunlichst bei der Pfändung erfolgen. In diesem 
Falle ist ihr Ergebnis in das Protokoll aufzunehmen. 
Für Kostbarkeiten bewendet es bei der Vorschrift im § 814 der Zioil- 
prozeßordnung. 
82. 
Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag des Gläubigers oder des 
Schuldners die Schätzung durch einen Sachverständigen anordnen. 
83. 
Bei der Versteigerung der gepfändeten Sachen darf unbeschadet der 
Vorschrift im § 820 der Zivilprozeßordnung der Zuschlag nur auf ein 
Gebot erteilt werden, das mindestens die Hälfte des gewöhnlichen Ver- 
kaufswerts erreicht (Mindestgebot). 
Bei Wertpapieren, die von den auf Grund des Darlehnskassengesetzes 
vom 4. August 1914 (Reichs-Gesetzbl. S. 340) errichteten Darlehnskassen 
beliehen werden, darf das Mindestgebot nicht hinter dem Betrage zurück- 
bleiben, zu dem die Darlehnskassen Wertpapiere dieser Art beleihen. 
Der gewöhnliche Verkaufswert und das Mindestgebot sind bei dem 
Ausbieten bekanntzugeben. 54 
Wird der Zuschlag nicht erteilt, weil ein das Mindestgebot erreichendes 
Gebot nicht abgegeben ist, so bleibt das Pfandrecht des Glaͤubigers 
bestehen. Er kann jederzeit die Anberaumung eines neuen Versteigerungs- 
termins oder die Anordnung anderweitiger Verwertung der gepfändeten 
Sachen gemäß § 825 der Zivilprozeßordnung beantragen. Wird die 
anderweitige Verwertung angeordnet, so gilt § 3 entsprechend. 
86. 
Diese Verordnung tritt nach Ablauf einer Woche seit dem Tage der 
Verkündung in Krast. Den Zeitpunkt des Außerkrafttretens bestimmt der 
Reichskanzler.
	        
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