Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

374 B. Geltendmachung von Ansprüchen während der Kriegszeit. 
Begründans. 
(D. 18.) 
Die Sivilprozeßordnung kennt für die Swangsversteigerung be- 
weglicher Sachen im allgemeinen kein Mindestgebot; nur bei Gold- und 
Silbersachen ist eine unterste Grenze für den Suschlag nach dem Metall. 
werte vorgeschrieben (§ 820). Muß aber der Suschlag zu jedem Oreis 
erfolgen, so Bhat dies bei der gegenwärtigen verminderten Kauflust zur 
Folge, daß schon die Hfändungen auf erheblich mehr Sachen ausgedehnt 
werden müssen, als dies sonst zur Deckung einer Forderung von gleicher 
Röhe erforderlich war, und daß oft der Dersteigerungserlös in dem 
größten Wißverhältnis zu dem wahren Werte der versteigerten Sachen 
stebt. Mit Zücksicht hierauf hat der Bundesrat nach dem Dorbilde der 
österreichischen Exekutionsordnung vom 27. Mai 1896 (8§8 275, 276) allge- 
mein für die Dersteigerung körperlicher Sachen, soweit sie im Wege der 
Swangsvollstreckung nach der Sivilprozeßordnung stattfindet, ein Mindest- 
gebot eingeführt. Der Suschlag darf danach nur auf ein Gebot erfolgen, 
das wenigstens die Hälfte des gewöhnlichen Derkaufswertes des Hfandes 
erreicht (§ 3 Abs. 1). Dieser Wert wird durch eine Schätzung ermittelt, 
die, von Ausnahmefällen abgesehen, dem Gerichtsvollzieher obliegt; der 
Gerichtsvollzieher kann auch einen Sachkverständigen mit der Schätzung 
beauftragen; die gleiche Anordnung kann auf Anrufen des Gläubigers 
oder des Schuldners vom Dollstreckungsgericht getroffen werden (8 1). 
Die Röhe des gewöhnlichen Derkaufswertes und des Mindestgebots werden 
den Bietern bei der Dersteigerung bekannt gegeben (8 3 Abs. 3). Bleibt 
diese ergebnislos, weil ein das Mindestgebot erreichendes Gebot nicht 
abgegeben wird, so bleibt das Öfandrecht des Gläubigers besteben, der 
zu geeigneter Seit die Anberaumung eines neuen Dersteigerungstermins 
oder die anderweitige Derwertung des Hfandes (Givilprozeßordnung § 825) 
beantragen kann; auch in diesen Fällen darf nicht unter das Mindestgebot 
HBeruntergegangen werden (8 4). 
Für gepfändete Wertpapiere, die einen Börsen= oder Marktpreis 
haben, bleibt es bei der bisherigen Vorschrift, wonach sie von dem Ge- 
richts vollzieher aus freier Hand zum Tageskurse zu verkaufen sind (§ 821 
der Zivilprozeßordnung). Fehlt es aber an einem solchen Hreise und muß 
daher die Verwertung der Papiere durch Versteigerung erfolgen, so greifen 
auch für sie die Dorschriften der neuen Derordnung Platz, jedoch hat der 
Gerichtsvollzieber mit der Schätzung der Wertpapiere stets einen kauf- 
männischen Sackhverständigen zu beauftragen. Der Sachverständige hat 
den gewöhnlichen Derkaufswert der Hapiere zu ermitteln, darf diesen 
jedoch, wenn das Hapier in der letzten woche vor dem 31. Juli 1914 
noch einen Börsen= oder Marktpreis hatte, nicht unter dem letzten in dieser 
wWoche amtlich notierten Börsen= oder Marktpreise feststellen (§ 1 Abs. 2). 
Grundsätzlich bildet auch für Wertpapiere die Zälfte des gewöhnlichen 
Derkaufswertes das Mindestgebot, unter dem ein Guschlag nicht erfolgen 
darf. Im Hinblick darauf jedoch, daß die für die Kriegszeit eingerichteten 
Darlehnskassen eine Reihe von Hapieren zu einem die Rälfte ihres Wertes 
übersteigenden Betrage beleihen, ist die Sondervorschrift getroffen, daß das 
Mindestgebot nicht hinter dem Betrage zurückbleiben darf, zu dem die 
Darlehnskassen Wertpapiere dieser Art beleihen (8 3 Absf. 2).
	        
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